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Kalkbrennofen

Technik & Gewerbe

Der Kalkbrennofen wurde nach einem oberbayerischen Vorbild rekonstruiert, vergleichbare Öfen fanden sich bis ins 19. Jh. Hinein aber auch in Franken. Im Museum dient er zum Brennen von Kalk, der anschließend zum Teil in ""Kalkbunkern"" eingesumpft wird.


Eckdaten

Hausnummer:107b
Ursprung:nach Vorbild in Ried (Lkr. Bad Tölz - Wolfratshausen) rekonstruiert
Bauepoche:Rekonstruktion
Ausstellung:-
Konstruktionsmethode:Ofen aus Schamottsteinen, Einhausung als verbretterter Ständerbau ausgeführt
Abbau:-
Aufbau:2017-2018
Baugruppe: Technik & Gewerbe
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Besonderheiten

Kalkbrennen und Kalklöschen

Kalk ist ein alter Baustoff, der mindestens schon seit der Antike auch nördlich der Alpen für das Errichten massiver Bauwerke, zum Verputzen oder als Farbtünche unentbehrlich war. Noch gegen Ende des 19. Jahrhunderts gab es kaum Alternativen, bis dann neuartige Baustoffe (zumeist auf der Basis von Portlandzementen) den altbewährten Baustoff Kalk allmählich in Vergessenheit geraten ließen. Erst mit den Anforderungen der modernen Denkmalpflege sollte dieser traditionelle Baustoff eine kleine Renaissance erfahren. Heute sind Produkte auf der Basis von Kalk in der Bauwerkserhaltung, der Konservierungstechnologie sowie der Kirchenmalerei wieder aktueller denn je und haben selbst für das ökologische Bauen eine große Bedeutung erlangt.

 

Wie der Gipsstein muss auch der Kalkstein zunächst gebrannt werden, um ihn als Baustoff einsetzen zu können. Beim Brennen von Kalkstein um 950 °C wird ein chemischer-physikalischer Prozess eingeleitet, bei dem sich der Rohstoff Kalkstein (Calciumcarbonat CaCO3) in gebrannten Kalk (Calciumoxid CaO) umwandelt. Während des Brennprozesses wird dem Kalkstein Kohlendioxid (CO2) entzogen, wodurch die Steine einen Gewichtsverlust um 44 % erfahren. Aus 100 kg Kalkstein entstehen so 56 kg Branntkalk.

 

Der gebrannte Kalk wird anschließend portionsweise mit viel Wasser versetzt, wobei der Branntkalk in Löschkalk (Calciumhydroxid Ca(OH)2), einen stark alkalischen Kalkbrei, zerfällt. Man spricht auch anschaulich von Kalklöschen, weil dieser Verarbeitungsprozess mit einer enormen Hitzeentwicklung einhergeht. Erst dieser alkalische Kalkbrei ist das entscheidende Bindemittel für Mörtel und Farben, welches seine bindende Kraft dadurch entfaltet, dass es Kohlendioxid aus der Umgebungsluft aufnimmt und dadurch wieder zu Kalkstein (Calciumcarbonat) abbindet bzw. erhärtet. Man bezeichnet diesen gesamten Prozess daher auch als Kalkkreislauf.


Beschreibung

Vorindustrielle Kalkproduktion

Das Brennen von Kalk mit Holz in einfachen Anlagen wie dem Museumskalkofen war in vielen Regionen Frankens bis um die Mitte des 19. Jahrhunderts gängige Praxis. Die Öfen waren recht klein und bestanden lediglich aus einer zylinderförmigen Röhre aus Bruchsteinen. Um ihnen eine bessere Stabilität und Haltbarkeit zu geben, waren sie oft, wie auch im Museum, in eine Böschung oder einen Hang gebaut, wodurch das Befüllen mit Kalkstein sowie die Entnahme des entstehenden Branntkalkes von oben erleichtert wurde. Erst ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurde dieser vorindustrielle Ofentyp durch die moderneren Schachtöfen abgelöst. Sie erlaubten eine wirtschaftlichere und halbindustrielle Verfahrensweise zur Produktion von Kalk mit dem Brennstoff Koks.

 

Kalkofen für das Museum

Historische, vorindustrielle Kalköfen finden sich heutzutage kaum mehr. Der im Museum rekonstruierte frühe Ofentyp ist für die fränkische Region allein durch Quellen und Bodenfunde belegt. Lediglich in Süddeutschland, genauer im Tölzer Land, wo das Kalkbrennen länger tradiert wurde, hat sich in dem Ort Ried bei Benediktbeuern ein entsprechender Ofen erhalten, der 2009 als funktionierendes Vorbild für die Kalkofenrekonstruktion aufgemessen werden konnte. Beim rekonstruierten Ofen entschied man sich für moderne Feuerfestmaterialien, statt ihn – wie früher üblich – mit losen aufgeschichteten Bruchsteinen nachzustellen. Auf diese Weise ist es möglich, die Reparaturintervalle bei regelmäßig stattfindenden Bränden möglichst überschaubar zu halten und bei einer konstanten Produktion von Kalk eine möglichst gleichbleibende Produktqualität anbieten zu können. Der Museumsofen fasst insgesamt 6 m³ Kalkstein. Gebrannt wird mit Nadelholz über eine Schüröffnung an seiner Basis.

 

»Kalkbunker«

Der resultierende Brandstückkalk kann nach dem Brennen direkt für die Herstellung des sog. trockengelöschten Mörtels zum Mauern und Verputzen verwendet werden oder er wird nach dem Brennen unmittelbar in Blechwannen neben dem Ofen in kleineren Portionen mit reichlich Wasser zu Sumpfkalk weiterverarbeitet, um ihn anschließend über mehrere Monate bis hin zu einigen Jahren in eigens dafür vorgesehenen Bunkern frostfrei zu lagern. Solche Bunker in Form von Betonröhren befinden sich unmittelbar nordöstlich des Kalkofens. Sie sind im Erdreich eingelassen und können den Sumpfkalk mehrerer Kalkbrände aufnehmen. Durch die feuchte Lagerung erfährt der Sumpfkalk eine Verbesserung seiner Eigenschaft als Malfarbe. Er wird dabei feinkörniger und insgesamt geschmeidiger, was ihn besonders für die Freskomalerei bei Kirchenmalern begehrt macht.


Bilder


Zugänglichkeit

Insgesamt:Note: 1
Ergeschoss ist Barrierefrei:ja

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