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Sitzen ist nicht gleich sitzen...

Sitzplätze in der Kirche waren meist klar verteilt

Holzsichtiges Vierergestühl (nummeriert) mit kunstvoll gesägtem Abschluss und Sitzwangen

Holzsichtiges Vierer-Gestühl, Creußen, 18. Jahrhundert; Leihgabe: Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde St. Jakobus, Creußen

Der Ausschnitt aus dem Windsheimer Konfessionsbild zeigt ein Ehrengestühl, worauf die Stadträte sitzen, die einer Predigt lauschen und einer sog. Türkentaufe beiwohnen

Ausschnitt aus dem Windsheimer Konfessionsbild, Nürnberg 1601, Andreas Herneisen, Öl auf Leinwand; Leihgabe: Stadt Bad Windsheim; An der Wand entlang sieht man das Ehrengestühl, auf dem einige Räte der Stadt Platz genommen haben

Weißes Porzellanschild mit Namen und Ort

Kirchenstuhlschildchen aus Porzellan, 20. Jahrhundert, Museum Kirche in Franken

Zehn Jahre lang stand im Museum Kirche in Franken im Chorraum der Spitalkirche ein Chorgestühl. Es repräsentierte nur einen Teil eines größeren Konvoluts von Sitzbänken aus der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Creußen in Oberfranken. Absichtlich bekam es den prominenten Platz im Chorraum zugeteilt, denn auf solchen Plätzen durften vor der Reformation lediglich Geistliche sitzen.

Nur in Ausnahmefällen bekamen Laien als besondere Ehrung Sitzplätze in der Kirche zugewiesen. Später durften die so genannten Herrschaftsstände wie Ratsmitglieder oder Vögte auf speziellem Ehrengestühl sitzen, dann teilweise auch im Chor. Zu sehen ist solch ein Ehrengestühl für den Inneren Rat der Reichsstadt Windsheim auf dem Windsheimer Konfessionsbild von 1601. Damit wandelte sich der Chor in den Kirchen der Reichsstädte häufig vom Sakral- zum Herrschaftsraum und das Sitz-Monopol der Geistlichen in der Kirche hatte ein Ende.

Die restlichen Gottesdienstbesucher mussten vor der Reformation weitgehend stehend den Messen und Gebeten lauschen. Erst als die Predigt zum zentralen Bestandteil des Gottesdienstes aufgewertet wurde, baute man feste Gestühle für alle Gemeindemitglieder in den Kirchen ein. Der Verkündigung des Wortes Gottes konnte man nun viel bequemer und damit aufmerksamer verfolgen. Bei entsprechendem Platzbedarf entstand nicht nur Bestuhlung im Mittelschiff, sondern auch zunehmend auf Emporen. Die erste Empore in der Spitalkirche wurde bereits 1578 eingezogen. 

Daraufhin entstand bald die Frage nach einer Sitzordnung. Um Streitigkeiten um den besten Sitzplatz zu umgehen, wurden Kirchenstuhlordnungen erlassen. Für den Sitzplatz musste eine Stuhlgebühr entrichtet werden. In vielen Kirchen wurden die Plätze dann mit kleinen Schildchen aus Metall oder Porzellan markiert, worauf Name und/oder Nummern vermerkt waren. Nach der Abschaffung des Ablasses war dies eine wichtige Einnahmequelle für die Kirche.

Auch die Plätze auf dem Gestühl aus Creußen sind mit Nummern versehen. Die Kirchengemeinde übergab 1999 mehrere Teile ihres Gestühls an das Museum Kirche in Franken. Aus Platzgründen wurden die Teile aus der St. Jakobus Kirche entfernt. 

Momentan befinden sich alle Teile des Gestühls im Depot des Museums Kirche in Franken und werden dort als Zeugnis für die frühere Praxis der festen Zuteilung der Sitzplätze in der Kirche für zukünftige Generationen bewahrt. Verschiedene Kirchenstuhlschilder können in der Dauerausstellung besichtigt werden.