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Badhaus mit Beständnerwohnungen aus Wendelstein
Mittelalter
Beim Wiederaufbau des Badhauses aus Wendelstein wird der bauzeitliche Zustand von 1450 angestrebt. Neben einer funktionsfähigen Badstube werden der Beruf des Baders sowie die Themen Hygiene und das mittelalterliche Mieterwesen vorgestellt.
Eckdaten
Hausnummer: | 102 |
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Ursprung: | Markt Wendelstein, Landkreis Roth |
Bauepoche: | 1450 (Jahrringdatierung) |
Ausstellung: | weitgehend Bauzeit |
Konstruktionsmethode: | Ein- bzw. zweigeschossiger Bau mit massivem Erdgeschoss und Fachwerkobergeschoss, Frackdach (Halbwalm nach Westen, im Museum nach Norden) mit Biberschwanz-Doppeldeckung |
Abbau: | 2012 |
Aufbau: | 2017-2020 |
Baugruppe: | Mittelalter |
Besonderheiten
Der Bader
Die Tätigkeit eines Baders war klar definiert durch eine Baderordnung, die oftmals in der Dorfordnung festgeschrieben war. Der Bader hatte für den öffentlichen Badebetrieb zu sorgen, war u. a. zuständig für den mächtigen Schwitzofen, in dem mit erhitzten Steinen ähnlich einer Sauna Dampf erzeugt wurde. Das Ausschwitzen »böser Säfte« war Bestandteil des damaligen medizinischen Verständnisses, unterstützt durch Bepeitschen des Körpers mit Kräuterbüscheln, was der besseren Durchblutung dienen sollte. Zum Zeichen des Badebetriebs wurden diese Büschel auch ausgehängt. An bestimmten Badetagen in der Woche, deren Anzahl die Baderordnungen festlegte, mussten Dampfbad sowie auch Wannenbäder in hölzernen Badekufen angeboten werden. Häufig wurde nach Geschlechtern getrennt gebadet. Archivalisch und archäologisch lassen sich weitere Tätigkeiten des Baders nachweisen, wie Haare schneiden, Seife herstellen, schröpfen mit Schröpfköpfen, zur Ader lassen sowie Zähne ziehen. Auch die Bruch- und Wundheilung gehörte zum Aufgabenspektrum der Bader, oftmals mit erstaunlichen Erfolgen. Dies allein erforderte eine gute handwerkliche (ehrliche) Ausbildung, die meist nach drei Jahren mit der Gesellenprüfung durch studierte Ärzte und den Lehrherrn endete. Die erforderliche Meisterprüfung konnte erst mit Übernahme einer eigenen Badstube abgelegt werden. Während die Schwitzöfen ab dem Dreißigjährigen Krieg zunehmend darniederlagen, überdauerte die handwerkliche Arzttätigkeit der Bader, gebunden an die Badstuben, oft noch bis in die bayerische Zeit. Bedingt durch staatliche Gesetze übernahmen dann zunehmend Ärzte mit Universitätsstudium ihre Aufgaben.
Beschreibung
Mittelalterliche Hygiene
Das Badhaus aus Wendelstein gilt als eines der ältesten erhaltenen kommunalen Badhäuser im gesamten deutschsprachigen Raum. Es steht für eine erstaunlich ausgeprägte Hygienekultur auf dem Land und eine flächendeckende medizinische Versorgung durch »handwerkliche Ärzte« – bekannt unter den Bezeichnungen Bader, Wundärzte oder Chirurgen – im Mittelalter und der frühen Neuzeit. Badhäuser waren aber auch wesentliche Kommunikationsorte im Dorf und so galt hier das absolute Friedgebot, zumal gemeindliche Badstuben gerade im zersplitterten Franken oft von Untertanen verfeindeter Dorfherren und Konfessionen besucht wurden.
Ein Badhaus mit Beständnerwohnungen von 1450
Erbaut 1450 auf den Resten eines im Ersten Markgrafenkrieg (1449/50) zerstörten Vorgängerbaus (um 1435), hat sich das Badhaus in Wendelstein weitgehend unverändert erhalten. Im steinernen, ungewöhnlich hohen Erdgeschoss (4 m) fand einst der Badebetrieb statt. Hier waren die Badstube mit Bade- und Schwitzbereich, die Schürkammer, die Zisterne und die Umkleideräume untergebracht. Im Fachwerkobergeschoss bzw. im teilweise ausgebauten Dachraum befanden sich drei Wohnungen, die über drei eigene Eingänge, Bohlenstuben, Küchen und Kammern verfügten. Hier lebten sowohl die Baderfamilie als auch Beständner (Mieter).
Badebetrieb
Entgegen der landläufigen Meinung waren Bader in der Regel gut ausgebildet und festen Baderordnungen unterworfen. Das Recht, ihr »Handwerk« auszuüben, also die Badergerechtigkeit, war an das Haus gebunden. Badhaus und Badergerechtigkeit in Wendelstein gehörten zuerst der Gemeinde, ab 1447 dem Nürnberger Patriziergeschlecht der Ortolff und ab 1467 dem Heilig-Geist-Spital Nürnberg. Die jeweiligen Bader waren bis 1588 lediglich Mieter, dann wurde das Mietverhältnis in ein Erblehen umgewandelt. Im 18. Jahrhundert änderten sich offenbar die Badegewohnheiten, jedenfalls erfolgte 1732/33 ein tiefgreifender Umbau der Badstube, bei dem der Schwitzofen eingelegt wurde. Der Badebetrieb wurde nur mehr in reduzierter Form fortgesetzt. 1814 verlor die Badstube endgültig ihre Funktion, 1849 wurde die Badergerechtigkeit auf dem Haus aufgegeben.
Wiederaufbau im Museum
An seinem neuen Standort in der Baugruppe Mittelalter soll die erste Nutzungsphase nach 1450 mit funktionstüchtiger Badstubeneinrichtung im Erdgeschoss und einem spätmittelalterlichen Wohnbereich im Ober- und Dachgeschoss dargestellt werden. Die für ein spätmittelalterliches Badhaus erforderliche Verfügbarkeit von reichlich Wasser wird im Museum durch die Lage am vorbeifließenden Aischflutgraben zum Ausdruck gebracht – am Originalstandort in Wendelstein war es die Schwarzach. Frei nachgebaut wird dagegen eine offene Holzlege in schlichter, funktionaler Holzbauweise des Spätmittelalters, die im geschlossenen hinteren Teil einen modernen Technikraum aufnimmt.
Bilder
Bilder vom Ursprung
Ausstellungen
Summary (English)
For the reopening of the bathhouse from Wendelstein the state of the building time of 1450 is intended.
Zugänglichkeit
Insgesamt: | Note: 3 |
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