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Das Badhaus aus Wendelstein

Bautagebuch

Das Badhaus aus Wendelstein bildet einen neuen Höhepunkt in unserem Häuserbestand: Es ist das erste Badhaus überhaupt in einem Freilandmuseum, das zudem mit einer weitgehend vorhandenen spätmittelalterlichen Bausubstanz aufwarten kann ‒ inklusive nahezu komplett erhaltener Badstube. Diese von Badern betriebene Einrichtung stellte einst die hygienische und medizinische Versorgung der Bevölkerung sicher: Hier konnte man sich waschen und Sitzbäder nehmen, aber auch Behandlungen wie Schröpfen, Aderlass und sogar chirurgische Eingriffe durchführen lassen.

Das Badhaus wurde 1450 auf der Grundlage eines älteren, im Ersten Markgrafenkrieg (1449/50) zerstörten Vorgängerbaus errichtet. Die äußere Gestalt blieb seither weitgehend unverändert: Auf einem steinernen, ungewöhnlich hohen Erdgeschoss, in dem die Badstube mit Wasserkessel, Schwitzofen, Zisterne und Umkleideräumen untergebracht ist, befindet sich ein Fachwerkbau mit teilweise ausgebautem Dach. In diesem befanden sich drei Wohnungen, die über eigene Eingänge, Bohlenstuben, Küchen und Kammern verfügten. Hier lebten sowohl wie Baderfamilie als auch Beständner (Mieter).

Bis in die Zeit um 1800 blieb die Badstube in Betrieb, danach nutzte man die Räume als Stall. Zuletzt stand das Gebäude leer und verfiel. Der Abbau durch das Freilandmuseum erfolgte im Jahr 2012 überwiegend in ganzen Wand- und Deckenteilen. Er wurde begleitet von intensiven bauhistorischen, archäologischen und archivalischen Untersuchungen, deren Ergebnisse die wechselvolle Bau- und Bewohnergeschichte des Badhauses spiegeln.

  • Erbaut 1450
  • Abgebaut für das Fränkische Freilandmuseum 2012
  • Fertigstellung Frühjahr 2022 (Verzögerung durch Hochwasser-Schäden im Juli 2021)

Alle im Bautagebuch verwendeten Pläne sind vom zuständigen Planungsbüro Wirsching & Madinger / Architekten und Ingenieure PartG mbB / 90616 Neuhof / Zenn

Viel Fingerspitzengefühl

7.5.18 Das Einbringen der Deckenbauteile, hier einer der Unterzüge für die Badstube, erfolgt mit Hilfe eines Teleskopladers seitlich durch das Gerüst des Schutzdaches.

7.5.18 Das Einbringen der Deckenbauteile, hier einer der Unterzüge für die Badstube, erfolgt mit Hilfe eines Teleskopladers seitlich durch das Gerüst des Schutzdaches.

7.5.18 Die zwei Unterzüge der Badstube in ihrer endgültigen Position. Die unterstützenden Säulen in der Mitte der Unterzüge folgen zu einem späteren Zeitpunkt. Die statisch notwendigen aussteifenden Stahl-T-Träger in den Unterzügen sind, nach Fertigstellung des gesamten Deckenpaketes, nicht mehr zu sehen.

7.5.18 Die zwei Unterzüge der Badstube in ihrer endgültigen Position. Die unterstützenden Säulen in der Mitte der Unterzüge folgen zu einem späteren Zeitpunkt. Die statisch notwendigen aussteifenden Stahl-T-Träger in den Unterzügen sind, nach Fertigstellung des gesamten Deckenpaketes, nicht mehr zu sehen.

7.5.18 Einer der Unterzüge in der Badstube mit den bereits hinzugefügten seitlichen Phasen und ihren abschließenden Schiffskehlen als typisches Gestaltungselement der Gotik.

7.5.18 Einer der Unterzüge in der Badstube mit den bereits hinzugefügten seitlichen Phasen und ihren abschließenden Schiffskehlen als typisches Gestaltungselement der Gotik.

7.5.18 Auch die zum Teil noch original erhaltenen Mauerlatten von 1450 auf der westlichen Mauerkrone sind bereits positioniert. Zu sehen sind die sogenannten Kämme als Sitz für die entsprechende Ausnehmung an den Deckenbalken.

7.5.18 Auch die zum Teil noch original erhaltenen Mauerlatten von 1450 auf der westlichen Mauerkrone sind bereits positioniert. Zu sehen sind die sogenannten Kämme als Sitz für die entsprechende Ausnehmung an den Deckenbalken.

8.5.18. Einer der Unterzüge über der Schürkammer (vorne) und der Trennwand vom Umkleideraum zur Flurzone.

8.5.18. Einer der Unterzüge über der Schürkammer (vorne) und der Trennwand vom Umkleideraum zur Flurzone.

Das Einbringen der Deckenbalkenlage inklusive ihrer mächtigen Unterzüge auf die Mauern des Erdgeschossrohbaus erfolgt von der Seite durch das Gerüst des Kassettendaches und erfordert aufgrund der engen Gerüstdurchlässe ein hohes Maß an Fingerspitzengefühl. Nicht allein wegen der großen Dimension der Deckenbalken von 11,4 m Länge und einem Querschnitt von 27 x 22 cm ist das Einfädeln durch das Gerüst eine Herausforderung, sondern auch wegen der aus statischen Gründen eingebrachten Stahl-T-Träger in den Deckenbalken und Unterzügen, aufgrund dessen sich das Gewicht eines einzelnen Balkens zwischen 700 bis 800 kg quasi verdoppelt hat.