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"Bunte Kleidung gab es damals nicht". Eine Konfirmation am Ende des Zweiten Weltkriegs

Auf dem Bild ist eine Gruppe von Kindern. Die Mädchen tragen Kleider, die Jungen Anzüge. Daneben steht ein Pfarrer.

Gruppenfoto der Konfirmanden von 1945 in Ulsenheim mit Pfarrer Hans Dittmar (rechts im Bild). Die Kleider der Konfirmandinnen ähneln dem von Barbette Werner, auch tragen sie alle noch ihre Zöpfe sowie einen Blütenkranz im Haar. (Quelle: Landeskirchliches Archiv der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, vorl. Signatur Bi: 6:301)

Das Kleid ist schwarz. Es hat lange Ärmel. Der Stoff ist faltig.

Konfirmationskleid von Barbette Werner aus Obernzenn, 1945. Im Freilandmuseum seit 2024; noch nicht inventarisiert. (Foto: Juliane Sander)

Auf dem Bild ist ein Mädchen. Es trägt ein Kleid und ein Gesangbuch. Es hat schwarze Schuhe an. Es steht vor einer Kirchentür.

Barbette Werner an ihrer Konfirmation am 18. März 1945 in Obernzenn. Ihr Gesangbuch hält sie traditionell im Spitzentaschentuch. (Quelle: Privatbesitz)

Die heute 92-jährige Barbette Werner wurde am 18. März 1945 im Alter von 12 Jahren konfirmiert. Viele Jahre später zog sie mit ihrer Familie nach Minden im Nordosten von Nordrhein-Westfalen. Ihr Kleid von damals bewahrte sie immer gut im Schrank auf, es sieht aus wie neu. Letztes Jahr bekam sie aus Obernzenn die Einladung zur Kronjuwelen-Konfirmation. 

Die Mindener Presse berichtete von dem wohlgehüteten Erinnerungsschatz der lebensfrohen Jubilarin und ihre Tochter organisierte seine Übergabe an das Fränkische Freilandmuseum. So kam das Kleid in die fränkische Heimat seiner Besitzerin zurück. In diese pflegt Barbette Werner nach wie vor viele Kontakte. 

Damals lebte sie mit ihren Eltern und zwei Geschwistern in Oberaltenbernheim, einem Gemeindeteil des Marktes Obernzenn im Landkreis Neustadt a. d. Aisch - Bad Windsheim. Drei bis viermal in der Woche besuchte sie den Konfirmandenunterricht. Als die Konfirmation vor der Tür stand, brauchte sie ein Kleid. „Bunte Kleidung gab es damals nicht […] es war eine hungrige Zeit“, erinnert sie sich. Stoffe waren schwer zu finden. Ihre Patentante war Schneiderin und besorgte den Stoff aus Nürnberg. Daraus nähte sie das Kleid. Bezahlt wurde es mit einem Stück Fleisch – „damals wurden viele Sachen gegen Lebensmittel eingetauscht“, so Barbette Werner. 

Sie trug dazu eine dunkle Strumpfhose, schwarze Absatzschuhe und an ihren Händen Handschuhe; das Gesangbuch hielt sie im Spitzentaschentuch. Das Kleid hat lange Ärmel und ist an Taille und Schultern gesmokt (verziert mit kleinen Falten und Raffungen). Ihr Haar ist zu einer klassischen Zopffrisur gebunden, geschmückt mit einem Blütenkranz. 

Besonders in Kriegszeiten war es schwierig, passende Kleidung oder Stoffe und Schuhe für festliche Gelegenheiten wie die Konfirmation zu besorgen. Auf Fotos aus dieser Zeit ähneln sich die Kleider und Anzüge der Jungen und Mädchen. Viele berichten oder erinnern sich, dass Hochzeitskleidung oder abgelegte Stücke umgearbeitet wurden, weil es nichts zu kaufen gab oder einfach gar kein Geld da war. 

Mit der Konfirmation bekräftigt ein junger Mensch im Rahmen eines feierlichen Gottesdienstes öffentlich seinen Glauben. Damit wird an die Taufe angeknüpft, bei der Eltern und Paten stellvertretend für ihn das Bekenntnis abgaben. Mit einer dem besonderen Anlass angemessenen Kleidung sollten sich die Konfirmanden aus ihrem alltäglichen Erscheinungsbild herausheben. Sie hat symbolischen Charakter und ist Ausdruck bestimmter gesellschaftlicher Werte. 

Traditionell war die Kleidung bei der Konfirmation konservativ und einheitlich, um protestantische Ideale wie Bescheidenheit, Disziplin und Demut zu betonen. Im 19. Jahrhundert und bis weit in das 20. Jahrhundert hinein trugen Konfirmanden meist dunkle Kleidung, die die Ernsthaftigkeit des religiösen Anlasses und die Gemeinschaft vor Gott betonte. Mädchen trugen schwarze oder auch regionaltypische Kleider. Jungen erhielten häufig zur Konfirmation ihre erste lange Hose und den ersten Hut. Ihr Anzug war auch schwarz. Heute spiegelt die Kleidung der Jugendlichen stärker den individuellen Stil und Zeitgeist wider. Die formellen Anzüge und Kleider wichen allmählich zeitgemäßeren und teilweise farbenfroheren „Outfits“. Dennoch bleibt die Bedeutung des feierlichen Anlasses erhalten, auch wenn die traditionellen religiösen Werte von Bescheidenheit und Disziplin nicht mehr so stark im Vordergrund stehen. Die Entwicklung der Konfirmationskleidung veranschaulicht den Wandel der religiösen und sozialen Normen und zeigt, wie sich religiöse Feste an die modernen Anforderungen der Gesellschaft anpassen.