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Mit dem Bogenzirkel zum exakten Kreisbogen...

Der Zirkel ist aus Eisen. Er hat zwei Schenkel. Beide sind vorne spitz. Sie sind miteinander verbunden. Sie können an einem Bogen entlang gedreht werden. Die Schenkel sind verziert.

Bogenzirkel, Inv.-Nr. 14/280. (Foto: Franziska Lehmann)

Das Bild ist alt. Es zeigt einen Zirkelschmied. Er verkauft Zirkel an einem Fenster. Dahinter sitzt noch ein Zirkelschmied. Er stellt Zirkel und andere Werkzeuge her.

Der „Circkelschmied“, dargestellt in Jost Ammans und Hans Sachs‘ Ständebuch von 1568. (Quelle: Jost Amman, Hans Sachs: Eygentliche Beschreibung aller Stände auff Erden, hoher und nidriger, geistlicher und weltlicher, aller Künsten, Handwercken und Händeln. […] Frankfurt am Main 1568, S. 62)

Das Bild ist über 300 Jahre alt. Es zeigt eine Werkstatt. In der Werkstatt arbeiten zwei Schmiede. Sie stellen Zirkel und andere Werkzeuge her. Vorne ist ein Amboss. Bei dem Amboss liegen Hämmer. Hinten ist eine Esse.

Die Illustration zum Zirkelschmied in Christoph Weigels Ständebuch von 1698. (Quelle: Christoph Weigel: Abbildung und Beschreibung der gemein-nützlichen Hauptstände. Regensburg 1698, S. 357–359)

Heute ein vergessener Beruf, einst ein hochangesehener Handwerker: der Zirkelschmied. Dabei fertigte er nicht nur ausschließlich die verschiedensten Zirkelarten, wie Stechzirkel, Proportionszirkel, Außentaster, Innentaster… mit ihnen konnten genaue geometrische Formen konstruiert und angerissen sowie Entfernungen und Maße übertragen werden. Er produzierte darüber hinaus Präzisionswerkzeuge und -instrumente für Ärzte, Mathematiker und Astronomen sowie Spezialwerkzeuge für benachbarte Gewerke.

Ein Zentrum der Zirkelschmiede war unter anderem in der ehemaligen freien Reichsstadt Nürnberg angesiedelt. Künstlerische und schriftliche Überlieferungen zu ihrem Handwerk finden sich beispielsweise in Jost Ammans und Hans Sachs‘ 1568 veröffentlichtem Ständebuch. Und auch die Häuserbücher der Mendelschen und Landauerschen Zwölfbrüderstiftungen legen Zeugnis über die einstige Bedeutung der Zirkelschmiede ab.

Zirkel waren unerlässliche Hilfswerkzeuge für Schneider, Schreiner, Zimmermann, Kistler, Büttner, Kompassmacher und viele mehr. Auch Reisende, Seefahrer und Landvermesser, Architekten waren auf die gefertigten Messwerkzeuge der Zirkelschmiede angewiesen. Dies strich im Besonderen Christoph Weigel in seiner 1698 verfassten Berufsbeschreibung „Der Zirckelschmied“ hervor: Zirkel waren unerlässliche Hilfswerkzeuge für Schneider, Schreiner, Zimmermann, Kistler, Büttner, Kompassmacher und viele mehr. Auch Reisende, Seefahrer und Landvermesser, Architekten waren auf die gefertigten Messwerkzeuge der Zirkelschmiede angewiesen. Dies hob besonders Christoph Weigel in seiner 1698 verfassten Berufsbeschreibung der „Nothwendig- und Nutzbarkeit dieses löblichen Handwercks“ hervor: „Wie schwehr würde es mit mancher Cur / sonderlich in der Wund=Arzney daher gehen / wann man der von dem Zirckelschmied verfertigenden Instrumenten entrathen sollte? Wie krumm und Mangelhafft würden wohl die Entwerffungen und Grund-Risse / so wol in der Civil- als Militarischen Bau-Kunst von freyer Hand ohne Zirckel und Linial aufgerissen werden? […]“ Weigel nennt noch weitere Beispiele für die Bedeutung der Erzeugnisse des Zirkelschmieds.

Ein besonderes Exemplar eines Bogenzirkels aus Eisen verwahrt die Sammlung des Fränkischen Freilandmuseums (Inv.-Nr. 14/280). Mit seinen 35,5 Zentimeter langen kunstvoll gearbeiteten, spitzkonisch zulaufenden Schenkeln und dem durch den Kopf zusammengehaltenen doppelten Scharnier stellt er eine Rarität dar. Mithilfe des Eisenschnitts wurden ornamentale Verzierungen an den Schenkeln und am Ende des Viertelbogens herausgearbeitet. Ein in Form, Material, Größe und Dekor vergleichbarer Bogenzirkel im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg (Inv.-Nr. LGA7214), der im süddeutschen Raum des 18. Jahrhunderts verortet wird, lässt auf eine ähnliche Datierung schließen. Das besondere Kopfteil des Bogenzirkels ist ebenso bei einem Spitzzirkel aus Eisen mit kunstvollem Dekor in der Sammlung des Deutschen Museums in München zu finden (Inv.-Nr. 9393). Jener wird bereits ins 17. Jahrhundert datiert.

Wenn auch eine genaue Datierung und Herkunftsbestimmung heute nicht mehr vorgenommen werden kann – der Eisenschnitt ist eine über Jahrhunderte angewandte Technik zur Verzierung von Eisengegenständen –, so ist der Zirkel doch ein wertvolles Stück vergangener Handwerksgeschichte einer vielseitigen und angesehenen Handwerkskunst.

 

Eisenschnitt | Der Eisenschnitt ist eine jahrhundertealte Technik, bei der erkaltetes Eisen mit beispielsweise Grabstichel, Feilen, Meißel, Treibhammer bearbeitet wird. Besonders verbreitet im 16. und 17. Jahrhundert für die Verzierung von Waffen, Rüstungen, Schlösser oder kleinerer Gegenstände.

Zwölfbrüderstiftung | Eine Art Altersruhesitz für alte, verarmte und arbeitsunfähige Nürnberger Handwerker, nahm allein in einem Zeitraum von Mitte des 16. Jahrhunderts bis zum Ende der Reichsstadt 1806 21 Zirkelschmiede auf.