Die Auferstehung Christi in der Kunst (Teil 2)
Für die skulpturale Darstellung des auferstandenen Christus gibt es frühe Beispiele aus dem 13. Jahrhundert. Als sogenannte handelnde Bildwerke waren sie feste Bestandteile der Osterliturgie: Die Holzfigur des Auferstandenen wurde am Ostersonntag auf den Altar gestellt und entschwebte an Christi Himmelfahrt den Blicken der Gemeinde in einer feierlichen Inszenierung durch das Himmelsloch. Ösen am Kopf belegen die Verwendung solcher Figuren als „Auffahrtschristus“.
Vollkommen losgelöst vom Narrativ des Ostergeschehens erscheint der Auferstehungschristus als Skulptur in Altarzusammenhängen. Das folgende Beispiel führt uns in die Spitalkirche:
Unser Auferstehungschristus gehört zum Bildprogramm des Hochaltars, der ursprünglich 1623/24 für die Hl. Kreuz-Kirche in Ansbach von der Windsheimer Bildschnitzerwerkstatt Brenck geschaffen wurde. Der Werkstattbegründer Georg Brenck d. Ä. und sein ältester Sohn Georg Brenck d. J. fertigten diesen Retabelaltar (H 465 B 265cm). In den 1930er Jahren kam er über Umwege in den Besitz des Vereins Alt Windsheim, wurde dann in der Spitalkirche aufgestellt und diente zunächst als Seitenaltar, nach dem 2. Weltkrieg dann als Hauptaltar. Da er einen deutlichen Bezug auf die Letzten Dinge (Tod, Auferweckung und Jüngstes Gericht) hat, wie es auch für Bildnisse des individuellen Totengedenkens charakteristisch ist, kann er als Epitaphaltar bezeichnet werden.
Er ist in drei Zonen gegliedert: Im Mittelteil sehen wir die Darstellung des Jüngsten Gerichts. Im unteren Bereich öffnen sich die Gräber, in drastischer Weise wird dem Betrachter das Schicksal der Seligen und der Verdammten vor Augen geführt. In der Mitte kommt der Erzengel Michael seinem Amt als Seelenwäger nach, er trennt die Toten nach ihren guten oder schlechten Taten, was über ihren künftigen Aufenthalt in die Sphäre des Ewigen und der Erlösung oder im Reich des Todes und der ewigen Verdammnis bestimmen wird. Über dem Geschehen thront der Weltenrichter Christus, als Majestas Domini in der Mandorla auf einem doppelten Regenbogen sitzend, umgeben von Maria und Johannes dem Täufer. Den reliefierten Mittelteil flankieren links und rechts die vollplastischen Figuren der Stammeltern Adam und Eva. In der Predella ist eine Abendmahlsgruppe untergebracht, die ursprünglich nicht in diesen Zusammenhang gehörte.
Der Altar wird von einer Rundbogenädikula nach oben hin abgeschlossen, darin mittig, die Nische fast ganz ausfüllend, die Figur des Auferstandenen. Christus steht in klassischem Kontrapost, das Spiel- und Standbein in typischer Ponderation. Er trägt ein goldenes Lendentuch, um seine Schulter ist ein ärmelloser Umhang gelegt, der von einer Kordel zusammengehalten wird. Der in den königlichen Farben Rot und Blau gehaltene Mantel ist mit einer Goldborte gesäumt. Er wird wie durch einen Windstoß aufgebauscht und legt sich rechts in wahre Faltenkaskaden. Ein Strahlenkranz umgibt Christi Haupt, in seiner linken Hand hält er die Siegesfahne mit dem Kreuzzeichen, die Rechte hat er zum Segensgestus erhoben.
Die beherrschende Stelle der Christusfigur auf diesem Altar macht deutlich, dass der Auferstandene viel mehr ist als die Leitfigur einer biblischen Erzählung. Es geht bei dieser Gestalt nicht einfach um den hingerichteten und wieder zum Leben erweckten Jesus. Als erhöhter Christus steht er vielmehr im Schnittpunkt der Heilsgeschichte: Noch trägt er zwar die Wunden des schmählichen Todes an sich, mit der Kreuzesfahne und dem Strahlenkranz zeigt er sich aber zugleich als der triumphierende Sieger über Tod und Teufel, und in seiner herrscherlichen Haltung ist für den gläubigen Betrachter der am Ende der Zeit wiederkommende und richtende Christus präfiguriert.
Literatur:
Tripps, Johannes: Das handelnde Bildwerk der Gotik, Berlin 1998.
Schrade, Hubert: Auferstehung Christi (Resurrectio Domini, Anastasis), in: Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte, Bd. I (1937), Sp. 1230–1240 https://www.rdklabor.de/w/?oldid=89962.
Am dritten Tage … Die Auferstehung im Widerschein der Kunst | Lanz Ernst | User im Austria-Forum