Eine Kinderschürze schützt und schmückt
Seit Jahrhunderten gehören Zier- und Arbeitsschürzen zur Bekleidungskultur. Während Schürzen im Verlauf des 19. Jahrhunderts in der bürgerlichen Schicht aus der Mode kamen, blieben sie auf dem Land bis weit ins 20. Jahrhundert wesentlicher Bestandteil der Alltagskleidung von Frauen und Männern. Auch Kinderschürzen dienten nicht allein dem Schutz der Kleidung.
An ihren Typen, Tragesituationen und Materialien sind die sich verändernden ländlich-kleinstädtischen Kleidungskulturen und -normen ablesbar. Wie die Schürzen der Erwachsenen, waren sie Bestandteil eines geschlossenen Zeichensystems. In unserem Textildepot befinden sich rund 30 Kinderschürzen. Sie datieren in die Zeit um 1900 bis in die 1950er Jahre.
Die kleine weiße „Hängerschürze“ aus weißem Batist mit eingewebtem Streifenmuster ist selbstgenäht. Am Rücken ist sie mittig offen und hat einen Verschluss mit Perlmuttknöpfen und handgenähten Knopflöchern. Die Größe lässt ihre Trägerin auf ein Alter von etwa zwei bis drei Jahren schätzen. An Sonn- und Feiertagen trugen auch Kinder in bäuerlichen Familien weiße „Sonntagsschürzen“. Ähnliche Schnitte mit der Bezeichnung „Hängerschürze“ finden sich im Buch der Wäsche aus der Zeit um 1900.
Die Schürzen unterlagen der Mode und zeigen der sozialen Herkunft entsprechend sichtbare Unterschiede. Mädchen und Jungen aus bäuerlichen Familien trugen meist einfache Kittelschürzen, sie waren von klein auf in die Arbeit auf dem Hof eingebunden. Bürgerliche Kinder, die keine Arbeit zu verrichten hatten, trugen im Alltag bessere Kleidung. Zu dieser wurden schlichte weiße, helle oder leicht gestreifte Schürzen über den Kleidern getragen.
Kittelschürzen sind einfach geschnitten, nicht tailliert und spiegeln die Kleidung wider, die im Rahmen der um 1900 einsetzenden sozialen Reformbewegungen aus gesundheitlichen Gründen propagiert wurde. Modelle für den Alltag bestanden meistens aus strapazierfähigem Material und wurden oft aus Restmaterial oder zweitverwendeten Stoffen geschneidert.
Während Jungen bis etwa zur Schulzeit Schürzen trugen, wurden sie für Mädchen zum Teil ihrer Biographie. Beyers Grosses Lehrbuch der Wäsche von 1927 zeigt für „junge Mädchen“ Schürzen mit Latz und geknöpften oder gekreuzten Trägern. Sie ähneln den Wirtschaftsschürzen für Frauen und bereiteten die Mädchen auf die ihnen zugewiesene spätere Rolle als Hausfrau oder Dienstmädchen vor. Gerade auf dem Land bestimmten überkommene Rollenzuordnungen und Normen die Erziehung und späteren Lebensläufe der Kinder.