Familienbibel mit Exulantenhintergrund...
Dem Müllerssohn Johannes Schrenck aus dem Waldviertel in Niederösterreich haben wir es zu verdanken, dass dieser bibliophile Schatz den Weg ins Fränkische Freilandmuseum gefunden hat. Wäre der junge Mann nicht seines Glaubens wegen im 17. Jahrhundert in die Fremde aufgebrochen, um letztendlich in Franken ein neues Zuhause zu finden, gäbe es wahrscheinlich weder diese Bibel noch die Aumühle: das Verwaltungsgebäude des Museums.
Der Exulant Johannes Schrenck hat das Gebäude bei Ansbach-Eyb wiederaufge-baut und eine Müllersdynastie begründet. Sein Sohn Johannes Kaspar Schrenck kaufte im Jahre 1699 diese Luther-Bibel und ließ den schweinsledernen Einband dementsprechend gestalten. Die Familie war stolz auf ihr evangelisches Erbe, das sie aus Österreich mit nach Franken gebracht hatten. Als Müller und Wassergrafen waren sie auch wohlhabend genug, um sich eine ganz besondere Bibel-Ausgabe leisten zu können.
Eine sogenannte „Kurfürstenbibel“ ist es geworden. Gedruckt und verlegt wurden diese Bibeln von der Familie Endter in Nürnberg. Im Jahre 1641 gab der sächsische Herzog Ernst der Fromme eine besondere Bibel in Auftrag, darin enthalten 11 ganzseitige Porträts von protestantischen Kurfürsten der Reformationszeit, zahlreiche bebilderte Zwischentitel und doppelblattgroße Landkarten als Kupferstiche. Es sind die am häufigsten anzutreffenden Familienbibeln aus dem 17. und 18. Jahrhundert – also die gängigste, aber nicht unbedingt die günstigste Bibel zu der Zeit, als Johannes Kaspar Schrenck sie erwarb. In diesem Exemplar sind leider nur noch zwei Kurfürsten zu finden und auch ein paar der Titelblätter fehlen. Eine Metallschließe ist noch funktionstüchtig und die Beschläge sind alle vorhanden. Insgesamt ist sie für ein über 300 Jahre altes Buch noch gut erhalten und zeigt auch, dass das Buch wirklich verwendet und gelesen wurde.
Die Bibel blieb in der Familie bis 2023, also noch länger als das Wohnhaus der Familie, die Aumühle. Diese wurde 1989 ins Fränkische Freilandmuseum versetzt, um dort als Verwaltungsgebäude zu dienen.