Geeichte Meternorm im Holzhandwerk
Vor einigen Wochen besichtigten wir eine ehemalige Wagnerwerkstatt in Weihenzell bei Ansbach mit dem Ziel, unsere Hobelsammlung zu erweitern. Fast im Vorbeigehen fiel uns ein unscheinbarer, einen Meter langer Stock mit Messingkappen auf – ein echter Glücksgriff, wie sich nach der Reinigung herausstellte.
Die meisten von Ihnen haben zu Hause mindestens einen „Meterstab“ oder einfach „Meter“, wie der typische, zwei Meter lange und zusammenklappbare Gliedermaßstab noch heute umgangssprachlich genannt wird. Die Bezeichnung geht auf Objekte wie dieses zurück und überlebte, obwohl der heutige Meterstab sogar in die Hosentasche passt.
Der Meterstab ist für eine langfristige Nutzung gefertigt. Das sehr dichte, harte Holz ist verformungsresistent. Seine Oberfläche wird von einem Lack auf Spiritusbasis vor Umwelteinflüssen geschützt. Die Skala sowie die Zahlen sind eingeschlagen und zur besseren Lesbarkeit geschwärzt. Die Messingkappen bewahren die Enden des Stabs vor Stößen.
An einer der Schmalseiten sind mehrere Kartuschen mit Jahreszahlen eingeschlagen. Hans Grau, Schreinermeister und Vorführhandwerker im Freilandmuseum, erklärte uns, dass es sich dabei um Eichmarken handelt. Das Eichamt kam noch bis in die 1970er Jahre hinein im Zweijahresrhythmus in die Dörfer und kontrollierte die unterschiedlichsten Waagen, Gewichte und Hohlmaße – und eben auch die Längenmaße von holzverarbeitenden Betrieben. Unser Maßstab wurde von „14“ bis „20“ im Turnus von zwei Jahren gemarkt und von „23“ bis „33“ wiederum alle zwei Jahre. Der Meterstab muss also vor 1914 entstanden sein.