Eine runde Sache
Der Begriff „Glasschneider“ ist eigentlich etwas irreführend, weil das Glas nicht wirklich geschnitten, sondern vielmehr angeritzt wird. In der so entstandenen Kerbe, der Fissur, entsteht Spannung und das Glas kann anschließend kontrolliert und mit beherztem Druck entlang der Kerbe gebrochen werden. Um Glas zu schneiden braucht es ein wenig Übung, denn der Schnitt darf nur einmal und mit gleichmäßigem Druck, nicht zu fest und nicht zu sachte, ausgeführt werden. Sonst besteht die Gefahr, dass das Glas ungleichmäßig bricht und splittert.
Die Werkzeuge zur Glas- und Spiegelbearbeitung, die im Herbst 2020 dem Museum übergeben wurden, stammen aus der ehemaligen Firma Gottlieb Scheidig & Co Spiegelfabrik in Altenberg. Die Firma wurde noch vor dem Zweiten Weltkrieg gegründet, Mitte der 1970er Jahre ging sie Konkurs. Heute sind noch das Wohnhaus, eine Garage und zwei Lagerschuppen erhalten. Das einstige Fabrikgebäude existiert nicht mehr.
Hergestellt wurden in der Spiegelfabrik sowohl die Spiegel an sich, indem das Glas selbst mit Silber belegt wurde, als auch die Endprodukte in Form von Taschenspiegeln, als Rück- und Innenspiegel für KFZ, Motorräder und Fahrräder, sowie große gewölbte Spiegel.
Das Spiegelglas wurden mithilfe verschiedener Werkzeuge in Form gebracht. Zur Herstellung von Rundspiegeln kam die Rundschneidemaschine zum Einsatz, die es ermöglichte, Kreise in unterschiedlichen Durchmessern zu erzeugen. Unsere Glasrundschneidemaschine ist mit einer Plakette versehen, die auf den Hersteller verweist: „Leo Pfister, Fürth / Bayern, Alle Waren und Geräte zur Spiegelherstellung".
Heute noch werden unter anderem Diamantglasschneider und Stahlradglasschneider von Glasern oder Hobbyhandwerkern eingesetzt. Mit ihnen können mithilfe eines Winkeleisens oder Lineals gerade Schnitte und mithilfe von Schablonen spezielle Formen ausgeführt werden. Aber auch frei geführte Schnitte sind möglich. Diamantglasschneider waren schon in der Frühen Neuzeit im Einsatz, wurden aber seit der Mitte des 20. Jahrhunderts durch Stahlradglasschneider verdrängt, die diesen in ihrer Wirkung nur unwesentlich nachstehen.