Zum Hauptinhalt springen

Herzlichen Glühstrumpf!

Der Glühstrumpf ist ein feines Netz. Er befindet sich in einer runden Pappdose.

Glühstrümpfe „Diamant“ (in versiegelter Verpackung) und „Diplomat“, frühes 20. Jahrhundert. (Foto: Frank Wittstadt)

Bei diesem Ausdruck handelt es sich nicht nur um eine eigenwillige Verballhornung einer gängigen Gratulationsfloskel. Es gab und gibt den Glühstrumpf wirklich, 1885 wurde er von Carl Auer von Welsbach (1858-1929) entwickelt. Von Welsbach imprägnierte ein Textilgewebe aus Baumwolle mit einer entsprechenden chemischen Salzlösung, um es dann über den Brenner einer Gaslampe zu stülpen. Das Stoffgewebe verbrannte und zurück blieben die Salze in Form eines feinen Gitters. Dieses Verfahren ließ er unter dem Namen „Auer-Glühstrumpf“ patentieren.

Ein solcher Glühkörper verzehnfachte die Leuchtleistung einer Gaslampe und brachte ein helleres, weißeres Licht als die Gasflamme. Es gab verschiedene Formen für Decken- oder Stehgaslampen. Bei unseren Monatsobjekten handelt es sich um einen original verpackten „Diamant Glühstrumpf“ und einen geöffneten „Diplomat Extra“ aus der Zeit um 1900. Glühstrümpfe kommen übrigens heute noch bei Camping-Gaslampen zum Einsatz!

Der Glühstrumpf ist somit kein unwichtiges Kapitel in der Geschichte der Gasbeleuchtung. Bereits am Ende des 17. Jahrhunderts konnte der deutsche Chemieprofessor Joachim Becher (1635-1682) erste Erkenntnisse über die Gewinnung von brennbarem Steinkohlegas gewinnen und legte damit den Grundstein für die Gasbeleuchtung. 1810 entstand das erste Gaswerk in London, in den 1820er Jahren folgten weitere in Berlin, Hannover, Aachen und Frankfurt am Main. Zu Beginn der Industrialisierung wuchs der Bedarf an neuen Licht- und Energiequellen für die Produktion in den Fabriken. Auch die Beleuchtung von öffentlichen Räumen nahm in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts weiter zu. Schon gegen Ende des Jahrhunderts fand die elektrische Straßenbeleuchtung immer mehr Verwendung.

Vorübergehend erleuchteten sowohl Gas- und Petroleumlampen als auch elektrische Lampen gleichzeitig die Straßen. Dank des Glühstrumpfs konnte sich die Beleuchtung mit Gas in öffentlichen Räumen bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges gegenüber dem elektrischen Licht behaupten. Ihren Höhepunkt erreichte sie kurz vor Ausbruch des Krieges.

Schon damals sorgten die verschiedenen Energieträger für kontroverse Diskussionen. So befürchteten Anwohner:innen in Flensburg, durch neu verlegte Gasleitungen könnten Pflanzen und Tiere zu Schaden kommen. Andere sahen in dem im Vergleich zu Öllampen helleren Licht der Gaslampen eine Gefahr für die Gesundheit ihrer Augen. Auch der hohe Sauerstoffverbrauch der Gaslampen in geschlossenen Räumen sorgte für Beunruhigung und tatsächlich kam es immer wieder zu Bränden und Explosionen in öffentlichen Gebäuden, die besonders intensiv beleuchtet waren.

Auf den Straßen einiger Städte wie Berlin sind auch heutzutage neben der elektrischen Straßenbeleuchtung auch noch Gaslampen in Betrieb.

 

Quellen:

Matz, Jutta/Mehl, Heinrich (Hg.): Vom Kienspan zum Laserstrahl. Zur Geschichte der Beleuchtung von der Antike bis heute. Husum 2000.

Kölnisches Stadtmuseum (Hg.): Lampen, Leuchter und Laternen. Die Bestände des Kölnischen Stadtmuseums. Köln 1991.