Kein Kabelsalat mehr!
Bereit, das lose Kabel zu verschlingen: Der Telefonkabelaufroller im Einsatz. (Foto: Frank Wittstadt)
Wer erinnert sich noch an die Werbespots der Deutschen Telekom ab 1997, in denen der Verkäufer Herr Neumann (gespielt von Markus Majowski) seiner prominenten Kundschaft Telefone und Faxgeräte „ohne Schnur“ empfahl? Das war vor knapp 30 Jahren noch eine echte Innovation – wenn man sich bewusst macht, mit was für Zwängen und Gefahren das Telefonieren zuvor verbunden war.
Das heimische Telefon stand meist auf einem kleinen Schrank, einem Tischchen oder einer Konsole gleich neben der Anschlussbuchse, die sich wiederum oft im Flur oder Vorraum befand. Wollte man während eines ausgedehnten Plauschs am Hörer bequem auf dem Sofa sitzen, musste der ganze Apparat mitgenommen werden – ein Kabel von ausreichender Länge vorausgesetzt. Und da begannen die Probleme: Unachtsam ausgelegt, geriet dieses Kabel zur Gefahr für Leib und Leben.
Wie gut also, dass es so smarte Gadgets wie den Automatic-Telefonkabelaufroller gab! Zwar lag die Schnur dann immer noch im Raum, aber nicht mehr in Schlaufen und Schleifen. Die Verpackung verspricht: „Das Kabel ist immer nur so lang wie nötig. Es gibt keinen Kabelsalat und keine Stolperfalle mehr.“ Geeignet „für das Büro und Zuhause“, ist die Handhabung ein Kinderspiel: „Die Montage ist ganz einfach und erfordert kein Lösen der Endanschlüsse. Einfache Handhabung, Kabellänge leicht zu regulieren und dem jeweiligen Bedarf anzupassen. Nach dem Ausrollen ist das Kabel mit einem Handgriff zu arretieren, es steht nicht mehr unter Zug. Durch Lösen der Arretierung rollt sich das Kabel auf, es verschwindet im Gehäuse.“
Damit das Gerät auch noch gut aussieht und zu seiner Umgebung passt, war es ihn in zahlreichen trendigen Gehäusefarben erhältlich: farngrün, kieselgrau, weinrot, beige, schwarz, dunkelbraun, ozeanblau, minzegrün – na, da ist doch für alle was dabei! Ein Hersteller wird kurioserweise nirgends genannt, man erfährt also auch nicht, wer oder was einem „6 Monate Garantie“ verspricht.
Angesichts dieser Risiken können wir dankbar sein, dass wir heute beim Telefonieren ohne Schnur auskommen. Das Modem mit WLAN-Router muss man ja nicht herumtragen, das Aussterben des Festnetz-Anschlusses ist bereits eingeläutet und man liest gelegentlich, dass die Gen Z es ohnehin nicht so mit dem Telefonieren hat. Dafür bevölkern heute geistesabwesende Smartphone-Zombies, akustisch isoliert durch Kopfhörer in allen Farben, Formen und Größen (und ebenfalls ohne Kabel), das Zuhause und den öffentlichen Raum. Ob unser telekommunikatives Dasein wirklich sicherer geworden ist, bleibt also fraglich …






