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Klein aber oho - ein bibliophiler Schatz aus dem Jahr 1795 ...

Das Bild zeigt einen nackten Mann und eine nackte Frau. Es sind Adam und Eva. Um sie stehen Tiere. Am Himmel ist das Zeichen Gottes.

Kolorierter Kupferstich mit Schöpfungsdarstellung. (Foto: Claudia Berwind)

Die Bibel ist aufgeschlagen. Links ist ein Bild. Es zeigt Adam und Eva und die Schöpfung der Welt. Rechts beginnt das erste Kapitel der Bibel.

Bibel aufgeschlagen bei 1. Mose, Kap. 1. (Foto: Claudia Berwind)

Das Buch ist eine Bibel. Sie ist sehr alt und sehr dick.

Initialen auf dem schweinsledernen Einband. (Foto: Claudia Berwind)

Die Bibel ist sehr alt. Es ist ein sehr dickes Buch. Das Buch ist dicker, als es breit ist.

Bibel von oben gesehen, die Seitenränder sind z. T. verziert. Endter-Bibel von 1795, Inv.-Nr. 25/14, Vorbesitzer und Zugang unbekannt. (Foto: Claudia Berwind)

Als Taschenausgabe war unsere Bibel ein ständiger Begleiter bei Besuchen in der Kirche. Die kleinste Tasche wird es aber nicht gewesen sein, da das gute Stück fast 12 Zentimeter dick ist. Ihre stattlichen Ausmaße erhält sie auch durch die Anhänge hinter dem Bibeltext. Mit den Initialen „M. B. Z. 1821“ auf dem Einband war es ein persönlicher Gegenstand der, so abgegriffen wie die Seiten aussehen, oft in Benutzung war. 

Was diese Bibel außerdem besonders macht, sind ihre kolorierten Kupferstiche. Beim Kupferstich wird das Bild per Hand Linie für Linie in die Kupferplatte eingraviert. Die entstandenen Linien nehmen dann die Tinte auf und drucken diese auf Papier – eine deutlich schnellere und billigere Art, Bilder in Büchern darzustellen als per Handmalerei! Der Kupferstich, der hier zu sehen ist, wurde im Nachhinein noch farblich gestaltet. So ordentlich wie die Kolorierung aussieht, geschah dies durch eine professionelle Hand. Trotz des stattlichen Alters von über 200 Jahren sind die Farben der Bilder immer noch auffallend kräftig. 

Es ist kein Zufall, dass der aufgeschlagene und ausgestellte Kupferstich eine Schöpfungsdarstellung zeigt. Da die aktuelle Ausstellung „Sieben Tage. Bilder zur Schöpfung“ im Museum Kirche in Franken sich um die Darstellung der Schöpfungsgeschichte dreht, verbringen wir gerade besonders viel Zeit mit diesem Thema. In der Spitalkirche sind auch noch weitere Bibeln und Kupferstiche mit verschiedensten Darstellungen der Schöpfung zu sehen. 

Die Schöpfungsbildnisse aus dem Mittelalter und der frühen Neuzeit sind keinesfalls eine neue Entwicklung in der Geschichte der Schöpfungskunst. Vielmehr reihen sie sich in eine jahrtausendlange Folge von Darstellungen der Entstehungsmythen des jeweiligen Glaubens ein. Unser Kupferstich zeigt die vollendete Schöpfung der Welt, mit der göttlichen Dreifaltigkeit in einer schwebenden, leuchtenden Wolke dargestellt und all ihrer Schöpfungen unter ihr. 

Bei dieser Bibel handelt es sich um eine Endter-Bibel. Sie entstammt dem Verlag und der Druckerei der Familie Endter aus Nürnberg. Dieser Familienbetrieb bestand ungefähr 200 Jahre lang, wurde aber nach dem Sterben der letzten Endter-Erben seit 1747 unter Paulus Mann weitergeführt (Johann Andreas Endtersche Handlung). In diesen Zeitraum fällt auch unsere Bibel mit dem Erscheinungsjahr 1795. Endter-Bibeln waren weit verbreitet, da sie eine sehr hohe Druckauflage hatten. Sie haben sich oft als Familienbibeln bis heute erhalten. Unsere farbenfrohe Bibel bleibt trotz des hohen Verbreitungsgrad etwas Besonderes.

 

Literatur | Hermann Oertel: Die Frankfurter Feyerabend-Bibeln und die Nürnberger Endter-Bibeln. In: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg [= Nürnberger Mitteilungen] 70, S. 75–116. | Franz Irsigler: An der Wiege der Massenmedien. Papier, Buchdruck, Holzschnitt und Kupferstich. In: Klaus Herbers, Florian Schuller (Hg.): Europa im 15. Jahrhundert. Herbst des Mittelalters – Frühling der Neuzeit? Regensburg 2012, S. 122–135.