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Paradies und Jüngstes Gericht

Der wandelbare Altar in der Spitalkirche zum Hl. Geist

Ein schwimmender Eisberg im schwarzen Eismeer

Gerhard Rießbeck, "Paradies", 2015, Öl auf Leinwand, im barocken Weltgerichtsaltar von 1623/24

Links Adam, rechts Eva, in der Mitte das Relief mit der Darstellung des Jüngsten Gerichts

Weltgerichtsaltar, Ausschnitt, 1623/24, Georg Brenck d. Ä. und Georg Brenck d. J., Leihgabe: Verein Alt-Windsheim

Auferstandener Christus mit Siegesfahne und segnend erhobener Hand

Christus Salvator, Ausschnitt aus dem Weltgerichtsaltar von 1623/24

Gerhard Rießbecks preisgekröntes Werk „Paradies“ schmückt in diesem Jahr wieder den Altar der Spitalkirche. Extra dafür wurde es 2015 geschaffen und Rießbeck verwirklicht damit seinen Traum, er „wäre … wohl am liebsten ein Maler von Altarbildern“. Das Zusammenspiel von Landschaft und Sakralität fügt sich ein in einen barocken protestantischen Rahmen.

Das temporär zeitgenössisch veränderte Weltgerichtsretabel war 1623/24 zum Andenken an den Kurfürstlichen und Brandenburgischen Rat und Ansbacher Lehenprobst Samuel Greiß errichtet worden. Es schmückte ursprünglich die Heiligkreuzkirche in Ansbach. Aufgrund eines geänderten Stilempfindens im 19. Jahrhundert wurde der Aufbau beseitigt und eingelagert, 1931/32 nach Bad Windsheim verkauft und in der Spitalkirche errichtet.

Inhaltlich kreist das originale Retabelprogramm in verkürzter Form um die für den Verstorbenen relevante, protestantische Erlösungsbotschaft. Nach Luthers Empfehlung ist das Programm antithetisch aufgebaut. Die rahmenden Figuren von Adam und Eva (heute Gipskopien) haben als Stammeltern der Menschheit das Verderben gebracht. Sie verweisen typologisch auf das zentrale Relief des Jüngsten Gerichts und den bekrönenden Salvator. Durch den Tod und die Auferstehung des Messias wird dem wahren Gläubigen die von Gott verheißene Erlösung, das ewige Leben und das Himmelreich zuteil.

Die Provenienz aus einer Friedhofskirche erklärt, dass das Werk eine für einen Altar untypische Darstellung des Jüngsten Gerichts in der bogenförmigen Mittelnische zeigt. Auf dem Regenbogen sitzt der richtende Christus in Begleitung der Fürbitterin Maria und dem Täufer Johannes. Zwei Posaune blasende Engel wecken die Toten. In der unteren Bildhälfte öffnen sich die Gräber. Aus ihnen werden die nackten Toten von Engeln oder Teufeln gezogen. In der Bildmitte ist der Seelenwäger Michael mit einem Kreuz zu erkennen. Links befindet sich eine dicht gedrängte Menschengruppe der Seligen auf dem Weg ins Paradies. Rechts wird der Hölleneingang gezeigt, in den die Verdammten von zahlreichen Teufeln geschleppt, getrieben und getragen werden.

Berührungspunkte der Jüngsten Gerichtsdarstellung in der Mitte des Altaraufbaus bestehen mit einer Graphik des niederländischen Kupferstechers Johan Sadeler I (1550-1600). Gefertigt wurde der Altar von Georg Brenck d. Ä. und Georg Brenck d. J. Über vier Generationen prägte diese Windsheimer Bildschnitzerfamilie die fränkische Kunstlandschaft. Auch die Kanzel rechts des Altarraums und zwei Grabsteine im Chorraum stammen aus der berühmten Windsheimer Werkstatt.