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Rätsel des Monats: eine sonderbare Holzpresse

Manchmal steht man im Museum vor Rätseln – in der Sammlung besonders dann, wenn ein Gegenstand sein Geheimnis nicht preisgeben will...

Die Presse ist aus Holz. Sie hat zwei Griffe. In der Mitte ist eine Hohlform. Sie ist rund. Die Presse wird an einem Gelenk zugeklappt.

Holzpresse mit unbekannter Funktion - können Sie uns weiterhelfen? Schenkung des Heimatvereins Markt Erlbach e. V., im Museum seit 2021. (Foto: Frank Wittstadt)

In diesem Fall geht es um eine Presse aus sauber gedrechseltem Holz. Sie hatte ursprünglich zwei identische Griffe, von denen einer wegen einer Beschädigung gekürzt wurde. Die Hohlform ist halbkugelförmig und konzentrisch gedrechselt. Im zusammengeklappten Zustand bleibt nur ein sehr dünner Hohlraum. Ein wichtiges Detail ist die kleine Kerbe an der Seite der Hohlform, vermutlich eine Ein- oder Ausgussstelle.

Aber wozu hat man die Presse benutzt? Alle bisherigen Vermutungen können wir mehr oder weniger ausschließen:

  • Die Presse weist große Ähnlichkeiten zu Zitronenpressen des 18. und 19. Jahrhunderts auf, allerdings fehlen ihr die Ausgusslöcher in der Hohlform. Die Zitronenpressen sind auch nicht konzentrisch gedrechselt. Gegen das Herausdrücken von Flüssigkeiten spricht zudem, dass diese nicht nur an der Seite, sondern überall herausrinnen würde – so dicht ist die Presse nicht!
  • Auch als Gussform für heiße Werkstoffe wie Metall oder Glas kommt die Presse nicht in Frage. Sie würden das Holz verziehen oder an der Oberfläche beschädigen; und davon zeigt die Presse keine Spuren. Auch hätte man sie bei schneller Abnutzung nicht so hochwertig gestaltet.
  • Als Nussknacker scheidet sie ebenfalls aus, da das Holz zu weich ist und die Konstruktion den Druck nicht lang ausgehalten hätte.
  • Eine andere naheliegende These wäre, dass es sich um eine Teigpresse für sehr dünne Formen handelt. Aber das Herauslösen des Teiges würde zum Verhängnis werden: Die Aushöhlung ist nicht glatt, sondern eher rau – der Teig würde also erst haften bleiben und dann brechen.

Die Funktion der Presse bleibt also vorerst ein Rätsel. Vielleicht können Sie uns weiterhelfen? Wir freuen uns über jede Vermutung und jeden Hinweis und hoffen, dass wir Ihnen bald die Auflösung präsentieren können!

 

Inzwischen haben wir einige Rückmeldungen zur Holzpresse erhalten – vielen Dank an alle Besucherinnen und Besucher, die ihre guten Ideen mit uns teilen!

  • Die erste interessante Vermutung kam von Bernd Pfaff, der die Presse mit der Herstellung von tönernen Mineralwasserflaschen in Verbindung brachte. Mit ähnlichen Pressen wurde das halbkugelförmige Verbindungsstück zwischen dem Flaschenhals und der eigentlichen Flasche, ausgeformt. Unsere Presse hat zwar die passende Größe, erscheint dafür jedoch nicht geeignet – der Hohlraum ist mit kaum mehr als 3 Millimetern einfach sehr dünn.
  • An eine Tonform dachte auch Carola Weiß, rätselte aber zugleich, wofür man so kleine, gerillte Tonformen dann wohl verwendet haben mag.
  • Ein anonymer Absender interpretiert das Objekt als Knoblauchpresse. Hier ergibt sich aber wie der Zitronenpressen- oder Nussknackerthese das Problem, dass die Konstruktion nicht stark genug ist, um auf Dauer harte Knoblauchzehen zu zerkleinern.
  • Peter Koch vermutete, dass es sich um eine Gussform für Schokolade handeln könnte, sofern man Bienenwachs als Trennmittel verwendet. Er verwies auf das Conditorei-Museum in Kitzingen, das wir auch umgehend kontaktiert haben (https://conditorei-museum.de/).
  • Vom Conditorei-Museum antwortete Herr Walter Poganietz, der uns sogleich umfassend über unterschiedliche Gieß- und Pressformen in der Konditorei und deren übliche Materialität informiert hat. Besonders interessant ist sein Hinweis auf Marzipan-Pressformen: Sie besitzen am Formenrand Markierungskerben, mit deren Hilfe eine möglichst hohe Passgenauigkeit erzielt wurde. Unsere Rätselform besitzt ähnliche Kerben, was auch trotz des Scharniers Sinn macht – der dünne Hohlraum dürfte schon bei kleinsten Verschiebungen deutlich gestört sein. Herr Poganietz regte an, die Form einmal zu testen – anders dürfte nicht herauszufinden sein, ob sich hier tatsächlich eine herauslösbare und einigermaßen stabile Halbkugel aus Marzipan herstellen lässt…
  • Praktischerweise verfügen Fachmuseen wie das Conditorei-Museum über ein eigenes Expertennetzwerk. Die mutmaßliche Lösung des Rätsels kam von Konditormeister Albert Ziegler aus München, selbst Sammler von historischen Konditorformen: Ihm zufolge handelt es sich um ein Pressmodel für Krokant, der auch in dünnen Formen stabil genug ist. Damit war das Objekt schon zur Zeit seiner Benutzung eher eine Seltenheit, denn außerhalb der professionellen Feinbäckerei war eine solche Form sicher allenfalls in gehobenen Haushalten zu finden.