Rokoko zur Hochzeit?
Unsere Möbelsammlung hat einen so großen Umfang, eine beachtliche zeitliche und typologische Bandbreite und ein Lagervolumen erreicht, dass wir nur noch selten neue Stücke aufnehmen können. Bei diesem schönen, in sehr gutem Zustand erhaltenen Wohnzimmerbüffet haben wir eine Ausnahme gemacht.
Ausschlaggebend war zunächst, dass wir das Stück bereits vor 16 Jahren erworben haben. Sie kennen vielleicht das Schlafzimmer in unserem Schulhaus aus Pfaffenhofen? Dort befindet sich ein einheitliches Möbelensemble des Historismus, bestehend aus Betten, Nachtkästchen, einer Spiegelaufsatzkommode, einem Kleiderschrank und einem Handtuchhalter. Es war 1898 anlässlich der Hochzeit der Großmutter der Vorbesitzerin in Nürnberg angefertigt worden.
Die Vorbesitzerin verkaufte die Möbel 2004 ans Freilandmuseum – dazu gehörte auch das Wohnzimmerbüffet, das sie aber gern noch weiternutzen wollte und sogar beim Umzug in ein Nürnberger Wohnstift mitnahm. Nach ihrem Tod vermittelte ihr Sohn das Büffet ans Museum.
Aber auch unabhängig von diesem Hintergrund ist das Büffet eine wertvolle Ergänzung unserer Sammlung. Seine leicht bauchige Front mit Furnier aus Nussbaum-Wurzelholz, die schräg abstehenden Füße und die bogenförmigen Abschlüsse des Aufsatzes greifen auf dezente Weise die Formensprache von Barock und Rokoko auf, wobei die Schlüsselschilder auch schon Elemente des Jugendstils zeigen – eine weitere Facette der stilistischen Vielfalt des Historismus, die wir so noch nicht im Bestand hatten. Das Büffet weicht damit auch von dem Schlafzimmerensemble ab, das eindeutig der Neorenaissance verpflichtet ist. Die stilistische Melange spricht auch dafür, dass das Büffet paar Jahre jünger ist und nicht zu den Hochzeitsmöbeln gehört.