Rudolf Blaß, Georgensgmünd
Rudolf Blaß, der letzte Bader in Georgensgmünd, wurde 1879 in Schwarzach in Unterfranken geboren. Er erlernte zuerst das Friseurhandwerk und ließ sich danach im Würzburger Juliusspital zum Bader ausbilden. Bereits vor dem Ersten Weltkrieg war er auf Veranlassung der Behörden mit dem Desinfizieren von Räumen, in denen infektiöse Kranke gewesen waren, beschäftigt. Dafür mussten alle Öffnungen und Ritzen abgedichtet werden, anschließend wurde mit einem Apparat Formaldehyd als Dampf hineingeleitet.
Nach 1919 erwarb er das Haus des vorherigen Georgensgmünder Baders Georg Müller. Zuvor war er bereits in Eibach, einem Ortsteil von Hilpoltstein, tätig gewesen. Zu seinen Aufgaben als Bader gehörte eine reiche Fülle an Tätigkeiten: Neben dem Frisieren und Rasieren auch Zähne ziehen, Schröpfen oder die akute Wundversorgung. Aber auch weniger weit verbreitete Anwendungen führte er aus, beispielsweise die Leichenschau und die oben beschriebene Desinfektion von Räumen. Ganz und gar ungewöhnlich war die Verwendung eines Tretbohrers zur Zahnbehandlung. Bader Blaß bohrte bereits in der Zwischenkriegszeit Zähne auf und füllte sie mit Amalgamplomben. Seine Tochter, die ihm regelmäßig bei seiner Badertätigkeit zur Hand ging, erinnerte sich unter anderem gut daran wie Rudolf Blaß Kunden schröpfte:
Patienten, die über zu hohen Blutdruck oder Kopfschmerzen klagten, schröpfte er. Dazu benutzte er Schröpfköpfe und ein Schnepperla. Für eine Behandlung wurden so um die sechs Schröpfköpfe gebraucht. Das waren kleine runde Gläser, ähnlich wie Schnapsgläser. Diese erhitzte er schwach über einer Weingeistlampe und setzte sie schnell auf die zu schröpfende Stelle am Körper des Patienten auf. Bald wölbte sich die Haut unter den Gläsern nach oben. Wenn sie nach Ansicht von Vater hoch genug war, nahm er schnell den Schröpfkopf weg, drückte das Schnepperla auf die gewölbte Haut, betätigte dessen Mechanismus und setzte den Schröpfkopf schnell wieder auf. Das Schnepperla war ein kleiner viereckiger Apparat. Er enthielt sechs oder acht Messerchen, die auf Knopfdruck herausschnappten und die Haut des Patienten leicht einritzten. Das schlechte Blut lief jetzt in die Gläser. Es war oft ganz dunkel und verstockt.
Rudolf Blaß starb als letzter Bader in Georgensgmünd 1946.
Literatur:
- Volkert, Fritz: Von Badern, Barbieren und dem Rezeptbuch des Rittersbacher Dorfbaders. In: Heimatkundliche Streifzüge. Schriftenreihe des Landkreises Roth, 14(1995), S. 4‒16.
- Schwaiger, Axel: Georgensgmünd. 700 Jahre Geschichte am Zusammenfluß von Fränkischer und Schwäbisches Rezat. Georgensgmünd 2002, S. 74.