Zum Hauptinhalt springen

Schraubmedaillen – Zusammengefaltete Glaubensgeschichte

Hier sind die beiden Hälften der Schraubmedaille aus versilbertem Kupfer zu sehen. Links ist eine Exulantenfamilie mit Vater, Mutter und Kind mit Wanderstöcken dargestellt. Über sie wacht auf einer Wolke Jesus. Die rechte Hälfte zeigt rechts den preußischen König, wie er einige Exulanten begrüßt.

Dargestellt ist hier links eine Exulantenfamilie, über sie wacht Jesus auf einer Wolke. Auf dem Spruchband darüber steht: „Gehe aus deinem Vatterland und von deiner Freundschafft“. Die andere Hälfte zeigt rechts den preußischen König, wie er die Exulanten empfängt. Das Spruchband lautet: "Die Könige sollen deine Pfleger seyn. Esaie 4.9"

Auf die Innenseiten der Schraubmedaille sind Miniatur-Karten vom Erzbistum Salzburg (links) und von Litauen (rechts) geklebt worden.

Links die Karte des Erzbistums Salzburg und rechts eine Karte von Litauen. Der Zeichner verwechselte hier Litauen mit Ostpreußen, dessen nordöstlicher Grenzbereich – das Kerngebiet für die Wiederansiedlung der Exulanten – auch Preußisch-Litauen genannt wurde.

17 kolorierte runde Kupferstiche auf Papier. Ursprünglich mit Stegen verbunden ergaben sie aufgeklappt einen Kreis mit einem Kreuz in der Mitte. Beginnend mit dem obersten Bild in der Mitte ergibt sich so, von links nach rechts gelesen, die Geschichte der Salzburger Exulanten.

17 kolorierte Kupferstiche auf Papier. Ursprünglich mit Stegen verbunden ergaben sie aufgeklappt einen Kreis mit einem Kreuz in der Mitte. Beginnend mit dem obersten Bild in der Mitte ergibt sich so, von links nach rechts gelesen, die Geschichte der Salzburger Exulanten.

Sorgfältig aufbewahrt in einer Schublade findet sich im Museum Kirche in Franken in der Spitalkirche ein kleiner silberner Schatz. Der Wert des Stückes übertrifft bei weitem den Materialwert des versilberten Kupfers. Schon die gegossenen Motive auf der Vorder- und Rückseite geben Hinweise auf den historisch wertvollen Inhalt.

Zwischen den zusammengeschraubten Deckeln enthielt das flache Döschen viele zusammengefaltete kleine Bildchen – einen ganzen Bilderzyklus. Dieser erzählt die Geschichte der Salzburger Exulanten, der Glaubensflüchtlinge, die 1731/32 ihre österreichische Heimat verlassen mussten und sich auf Einladung des preußischen Königs in Ostpreußen niederließen.

Schon Anfang des 17. Jahrhunderts waren aus den habsburgischen Landen viele Protestanten ausgewiesen worden. Zunächst traf es wohlhabende evangelische Bürger und Adelige, dann folgten die Geistlichen und Lehrer. Schließlich dehnte der katholische Kaiser die Ausweisung auf alle evangelischen Bewohner aus. In der ersten großen Vertreibungswelle mussten viele all ihr Hab und Gut und teilweise auch ihre Kinder zurücklassen und wanderten völlig verarmt in die Fremde aus. Häufig ließen sie sich in den protestantisch geprägten Gebieten Frankens nieder und trugen dort wesentlich zum Wiederaufbau nach den Zerstörungen durch den 30jährigen Krieg bei. In einer zweiten großen Auswanderungswelle vertrieb der Salzburger Erzbischof erneut tausende Personen aus Österreich. Obwohl sich diese „Salzburger Exulanten“ vor allem in Ostpreußen, den Niederlanden und Amerika niederließen, führte sie ihr Weg auch durch die bayerischen und fränkischen Gebiete.

Eine Station auf dem Weg der Auswanderer war die Stadt Augsburg. So kamen sie wohl auch dem geschäftstüchtigen Silberdrechsler Abraham Remshard I. in den Blick. Er entwarf 1732 zum 200jährigen Jubiläum der Augsburger Konfession die Schraubmedaille mit Motiven der Salzburger Exulanten. Schnell ahmten andere Geschäftsleute diese Idee nach, und so haben sich bis heute verschiedene Schraubmedaillen in ovaler, dann waren die Deckel mit einem Scharnier verbunden, und runder Form erhalten.

Die Vorderseite unserer Medaille zeigt eine Salzburger Exulantenfamilie, über die Jesus von einer Wolke aus wacht - „Gehe aus deinem Vatterland und von deiner Freundschafft“, lautet die Inschrift. Die Rückseite stellt König Friedrich Wilhelm I. mit zwei Begleitern dar, der die Exulanten in Ostpreußen begrüßt. Auf den Innenseiten sind Landkarten eingeklebt. Auf der einen wird das Erzbistum Salzburg gezeigt, auf der anderen sieht man das Herzogtum Litauen. (Der Zeichner verwechselte hier Litauen mit Ostpreußen, dessen nordöstlicher Grenzbereich – das Kerngebiet für die Wiederansiedlung – auch Preußisch-Litauen genannt wurde.)

Die aufregende Geschichte der Glaubensflüchtlinge wird auf 17 kleinen, ehemals durch Stege verbundenen, handkolorierten Kupferstichen auf Papier dargestellt. Jeweils unter einem Spruchband mit Bibelzitat werden alt- und neutestamentliche Vorbilder der Salzburger Exulanten vorgestellt, sowie wichtige Begebenheiten aus der Reformationsgeschichte und verschiedene Schikanen, unter denen die Protestanten zu leiden hatten. Einkerkerung, Zurücklassen der Kinder und Bücherverbrennung kontrastieren hier mit dem segensreichen Empfang in Augsburg.

So verbirgt sich in einem unscheinbaren Kleinod ein ganz großes Kapitel über die unmittelbaren Folgen der Reformation und des 30jährigen Krieges. Vielleicht können Sie bei Ihrem nächsten Besuch im Museum Kirche in Franken diesen Schatz auch entdecken.