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Von Fäden und Fächern - Weben im Kleinformat

Der Webstuhl ist ein offener Kasten. Hinten ist darauf ein Rad. Es ähnelt einem Mühlrad. Es hat eine Kurbel. Vorne ist eine Holzplatte. Sie ist mit langen Schlitzen versehen. Sie sehen aus wie ein Kamm.

Bandwebstuhl von "1850". Inv.-Nr. 24/265, im Museum seit 2024. Freundliche Spende der A. W. Faber-Castell Unternehmungsverwaltung GmbH, Archiv und Kunstsammlung. (Foto: Sonja Oberdörster)

Der Bandwebstuhl von der Seite. Das Rad hat an der Seite ein Sternmuster.

Der Bandwebstuhl von der Seite. (Foto: Sonja Oberdörster)

Durch den Kamm laufen die Fäden. Es gibt oben eine Reihe Fäden, und es gibt unten eine Reihe Fäden. Sie werden mit einem weiteren Faden zusammengeführt. Am Ende entsteht ein Band.

Durch Heben und Senken der Fäden bildet sich das Fach, durch den der Schussfaden geführt wird. (Foto: Sonja Oberdörster)

Die Fadenreihe, die vorher unten war, ist jetzt oben.

Nach dem Anheben haben die Fäden die Fäden die Position getauscht. (Foto: Sonja Oberdörster)

So entsteht nach und nach ein Band.

So entsteht nach und nach das fertige Band. (Foto: Sonja Oberdörster)

Wenn wir an Webstühle denken, sehen wir riesige Maschinen vor uns, die große Stoffe produzieren können. Doch es gibt auch kleinere Varianten: Der Bandwebstuhl wurde im 17. Jahrhundert entwickelt. Technisch folgt er dem gleichen Prinzip wie ein Webstuhl für Tücher. Bei diesem werden die eingespannten Kettfäden in zwei Gruppen unterteilt. Sie werden separat im Wechsel nach oben und unten angeordnet. Dabei entsteht eine Öffnung zwischen den Reihen, auch „Fach“ genannt, durch die der Schussfaden im rechten Winkel geführt wird. Danach wechseln die Kettfäden ihren Ort, also die Fäden von oben wandern nach unten und von unten nach oben, und der Prozess beginnt von vorne. Eine Besonderheit des Bandwebens ist, dass beim Endprodukt nur die Kettfäden sichtbar sind, während beim Weben von Stoffen das Muster durch die Kett- und Schussfäden gebildet wird.

Es gibt zwei Methoden um Bänder zu weben. Unser Objekt ist ein Kammwebstuhl. Bei diesem werden die Fäden abwechselnd in die Löcher und Schlitze des Kamms geführt. Die Fäden in den länglichen Schlitzen sind dann beweglich und können so, mit dem Heben und Senken vom Ende des Bandes, die Fächer bilden. Die zu webenden Fäden werden auf dem Rad aufgerollt und können so fortlaufend ‚freigelassen‘ werden. Der eigentliche Webvorgang findet dann vor dem Kamm statt.

Da die Bänder eine feste Struktur haben und starke Lasten aufnehmen können, wurden sie früher für Tragegurte und ähnliche Funktionen genutzt. Sie sollen auch für Pferdegeschirr geeignet gewesen sein! Mit der Möglichkeit unterschiedlich aufwändige Muster herzustellen, etwa mithilfe eines weiteren Kamms oder von Brettchen, waren die gewebten Stränge auch für Kleidung gut geeignet. Die Bandwebstühle, auch „Wirkstühle“ genannt, wurden in fast jedem Haushalt auf dem Land gefunden.

Unser Bandwebstuhl datiert laut Inschrift ins Jahr 1850. 2024 ist er in die Museumssammlung aufgenommen worden. Er ist 67 Zentimeter lang und 40 Zentimeter hoch. Oberhalb des Kamms sind Jahreszahl und Zirkelmuster eingeschnitzt; ein weiteres Zirkelmuster findet sich auf dem Sperrrad. Leider liegen uns zur Hintergrundgeschichte des Webstuhls keine Angaben vor. 

 

Hintergrund: Eine kurze Geschichte des Webens

Schon aus der Zeit vor 4000 Jahren vor Christus wurden Zeichnungen und Überreste von Webstühlen gefunden. So kann man davon ausgehen, dass schon in der Jungsteinzeit gewebte Kleidung in Mitteleuropa getragen wurde. Auch aus dem alten Ägypten gibt es Überlieferungen. Dabei wurde nicht horizontal, sondern vertikal mit dem sogenannten Gewichtswebstuhl gearbeitet. Bis zum 10. Jahrhundert nach Christus webten die Frauen nur für die eigene Haus- und Hofgemeinschaft, wobei überschüssige Stoffe für den Tauschhandel genutzt wurden. 

Kurz nach den Erfindungen des Trittwebstuhls und der Webspule im 10. Jahrhundert, begann sich im 11. Jahrhundert das Textilgewerbe auszubreiten. Zu diesem Zeitpunkt begannen Männer diese Tätigkeit auszuüben. Auch wurden Textilien für den Fernhandel hergestellt. Da die Männer mit dem Trittwebstuhl gearbeitet haben, konnten sie vergleichsweise schnell einfach gemusterte Stoffe produzieren. Die Frauen hingegen konnten mit den Gewichtswebstühlen sehr aufwändige Motive herstellen. 

Gegen Ende des 14. Jahrhunderts schlossen sich die selbstständigen Weber zu Webereien mit Angestellten zusammen, die Lohnarbeit leisteten. In den nächsten zwei Jahrhunderten entstand eine dezentrale Textilmanufaktur, die auf eine frühkapitalistische Produktionsweise hindeutet. Nach der Erfindung des mechanischen Webstuhls um 1830 entstanden die ersten Webfabriken. 

Zunächst wurden die Rohstoffe verwendet, die in der näheren Umgebung vorkamen. So wurden hier in Deutschland Wolle und Leinen genutzt. Später wurden auch Materialien, die aus weiter Entfernung gereist waren wie Seide verwendet.