Wer ist der langsamste Raucher von Schweinau?
Konvolut „Rauchclub I Schweinau“, Inv.-Nr. 24/335, im Freilandmuseum seit September 2024. Ein herzlicher Dank für die Überlassung der Objekte geht an Werner Wailersbacher. Er war ab 1993 1. Vorstand des Clubs; zuvor hatte bereits sein Vater das Ehrenamt ausgeübt. Dank gebührt weiterhin der Bezirksrätin Jenny Baier für die Vermittlung der Übergabe. (Foto: Frank Wittstadt)
Ob kollegiale Raucherpausen oder Besuche in Shisha-Bars mit Freunden – wenn man dem Rauchen neben allen gesundheitlichen Risiken irgendetwas Positives abgewinnen möchte, dann immerhin seine gemeinschaftsstiftende Wirkung. Heute erscheint es vielleicht kurios, dass das gemeinsame Qualmen einst in Vereinen regelrecht institutionalisiert wurde, doch solche „Rauchclubs“ waren weit verbreitet. Ihre Gründung war eine Folge des zunehmenden Tabakkonsums nach der Einführung der Zigarette im späten 19. Jahrhundert.
1909 wurde der „Rauchclub I Schweinau“ im selbigen Nürnberger Stadtteil eröffnet – warum er mit römisch „I“ beziffert wurde, ist nicht mehr bekannt; einen weiteren Rauchclub gab es nie. Mit Unterbrechungen in den beiden Weltkriegen blieb der Club bis 2008 aktiv. Das Vereinslokal befand sich lange im Gasthaus „Weißes Ross“, wo auch diverse Vereinsutensilien ausgestellt waren: In einem 1938 angeschafften Eckschrank befanden sich die dekorative Riesenpfeife sowie weitere kleine Pfeifen. In einer kleineren Vitrine verwahrte man einen Pokal, aus dem auch hin und wieder Bier ausgeschenkt wurde. Für Umzüge standen Banner und Fahnenstange bereit. Auch ein Kassenbuch zur Verzeichnung von Mitgliedsbeiträgen und Ausgaben sowie eine kleine Spendenkasse in Form eines Häuschens (gebaut von einem Mitglied, das Drechslermeister war) durften nicht fehlen – es gab also alles, was zu einem Verein dazugehört.
Trotz seiner Bezeichnung ging es im Rauchclub nicht vorrangig um den Konsum von Tabakprodukten, sondern vielmehr um das gesellige Miteinander – immerhin gab es unter den Mitgliedern auch einige Nichtraucher! Da die Vereinssitzungen eher Männerveranstaltungen waren, trafen sich ihre Gattinnen zeitweise in einer eigenen Runde (in der es Berichten zufolge noch deutlich lustiger zuging). Auch gemeinsame Ausflüge gehörten zum Vereinsleben: Anfangs besuchte man den Dutzendteich bei Nürnberg, und in den späteren Jahren unternahm man Busfahrten, etwa 1971 ins Bamberger Land. Zu anderen Vereinen wie dem Gesangsverein St. Leonie Schweinau oder dem Rauchclub Großweismannsdorf pflegte man freundschaftliche Beziehungen.
Und was genau rauchte man eigentlich im Club? Anfangs vor allem Pfeifen, später dann Zigarren. Bevorzugt wurden eher kleine Zigarren von etwa sechs Zentimetern Länge, deren Konsum nicht so viel Zeit in Anspruch nahm. Man rauchte nicht „auf Lunge“, sondern paffte lediglich. Was nach Entspannung klingt, konnte durchaus zu einer sportlichen Angelegenheit werden – es gab Rauchwettbewerbe und sogar -meisterschaften im Langsamrauchen! Bei dieser Disziplin durfte die Zigarre weder ausgehen noch ihre Asche verlieren, die Glut musste also genau beobachtet werden. Die Wettbewerbe fanden vereinsintern einmal im Monat statt, und wer im Laufe eines Jahres die meisten Siege eingeholt hatte, durfte sich Vereinsmeister nennen.
In den letzten Jahren waren die Aktivitäten des Vereins zunehmend eingeschlafen, die Mitglieder immer weniger geworden. Nach seiner Auflösung verwahrt das Freilandmuseum nun das Andenken an das gemeinsame Rauchen in Schweinau.