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Mühle aus Unterschlauersbach

Regnitzfranken - Frankenalb

Die Mühle aus Unterschlauersbach (Krs. Fürth) wurde 1576 erbaut. Zwei Wasserräder treiben die beiden Mahlgänge an. Bauern mussten ihr Korn für das Grundnahrungsmittel Brot mahlen lassen, daher waren Müller angesehen und teils auch reich. Gelegentlich wird hier noch gemahlen.


Eckdaten

Hausnummer:55
Ursprung:Unterschlauersbach, Gemeinde Großhabersdorf, Landkreis Fürth
Bauepoche:1576 (Jahrringdatierung, Inschrift); erweitert 1601
Ausstellung:weitgehend 17./18. Jahrhundert
Konstruktionsmethode:ein- bzw. zweigeschossiger Bau mit massivem Erdgeschoss und Fachwerkobergeschoss. Satteldach (weit vorkragender Halbwalm am Südgiebel) mit Biberschwanz-Doppeldeckung
Abbau:1981
Aufbau:1981-1984
Baugruppe: Regnitzfranken - Frankenalb
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Besonderheiten

Mühlen und Müller

Der Beruf des Müllers war anspruchsvoll: Um eine Mühle zu betreiben, brauchte es neben handwerklichem Geschick auch ein hohes technisches Verständnis. Entsprechend groß war auch der Stolz der Müller auf ihren Stand. Und entgegen weitverbreiteter Vorurteile hatten Müller eine durchaus angesehene Stellung in der Dorfgemeinschaft, dies beweisen die Schultheißen- und Bürgermeisterstellen, die sie oftmals bekleideten.

 

Müller waren zumeist keine armen Leute, was sich auch an den repräsentativen Bauten der Aumühle und der Unterschlauersbacher Mühle ablesen lässt. Natürlich hing dies immer auch ab von der Größe der Mühle, dem Einzugsbereich und auch von der zusätzlich betriebenen Landwirtschaft. Die bescheidene Ölmühle von der Flederichsmühle ist hierfür ein anschauliches Gegenbeispiel.

 

Der Niedergang des Mühlenwesens begann schließlich im 19. Jahrhundert. Gründe dafür waren zum einen der Wegfall des »Mühlenzwangs«, d. h. die Verpflichtung der Untertanen, in einer ganz bestimmten Mühle der Herrschaft ihr Getreide nach festgesetztem Lohn, der »Mitz«, mahlen zu lassen, zum anderen das Aufkommen der sog. Kunstmühlen, die dank Dampfmaschinen bzw. Motoren unabhängig vom Wasser waren und wesentlich effektiver arbeiteten.

 

Zählte man im Jahr 1863/64 in den drei fränkischen Bezirken noch 3.669 Getreidemahlmühlen, dürften heute kaum noch 50 Mühlen in Betrieb sein.


Beschreibung

Die Mühle im Mittelalter

Das Dorf Unterschlauersbach und ausdrücklich auch die Mühle werden erstmals 1124 urkundlich erwähnt. Damit gehört die Mühle zu den ältesten der Gegend und bestand demnach schon, als 1132 das Kloster Heilsbronn von Bischof Otto von Bamberg gegründet wurde, zu dem dann die Mühle über Jahrhunderte hinweg gehörte. Über die Mühle und ihre Besitzer liegen seit dem Mittelalter sehr viele schriftliche Nachrichten vor, aus denen die Besitzergeschichte lückenlos zu verfolgen ist. Wie der mittelalterliche Vorgängerbau der Mühle ausgesehen hat, bleibt allerdings offen; eine Notgrabung beim Abbau 1981 musste leider ohne Ergebnis vorzeitig abgebrochen werden.

 

Neubau 1575/76 und baldige Erweiterung

Unter dem Müller Hans Reinhart erfolgte 1575/76 ein völliger Neubau der Mühle. Dieser besticht durch seine handwerkliche Qualität und seine ausgewogenen Verhältnisse. Viele Eigenheiten erinnern noch stark an die mittelalterliche Bautradition. Bereits 1600/01 ließ Hans Reinhart die Mühle (auf die im Museum gezeigte Größe) erweitern, wobei die nur wenig jüngere Verlängerung mit dem Nordgiebel baulich ganz der neuen Zeit verbunden ist – allerdings ist die Verzimmerung weniger sorgfältig. Offensichtlich genügte der bisherige Raum für das Mahlwerk nicht mehr – weder in der Höhe noch in der Breite. Der nun doppelt so große Mühlraum konnte vier statt zwei Mahlgänge aufnehmen. Doch scheint man nach dem Tod von Hans Reinhart 1601 nicht mehr zur vollen Einrichtung gekommen zu sein, denn 1601 waren die Mahlsteine noch nicht aufgezogen und auch 1608 werden nur zwei Mahlgänge erwähnt, obwohl doch Platz für vier war. 1806, beim Übergang an Bayern, wird dann tatsächlich berichtet voneiner Mühle mit 4 Gängen, wovon aber nur 1 beständig gangbar ist– ein Hinweis auf die geringe Wassermenge.

 

Gute Zeiten – gefährliche Zeiten

Angesichts des stattlichen Bauwerks muss das späte 16. Jahrhundert eine »gute« Zeit für die Mühle und ihren Besitzer gewesen sein – aber auch eine raue. So ist von ebendemselben Hans Reinhart bekannt, dass er 1573, also vor dem Mühlenneubau, in eine lebensgefährliche Schlägerei geriet, als er auf dem Heimweg von der Kirchweih im Nachbardorf Oberreichenbach war undhans herbst teutschherrischer Unterthan zu Untern schlauerßbach, Ime unversehens den ersten Streich über die Achsel gehauen, das der müller Zu boden gestrauchelt, darauf den Müller alsobalden wehrloß gemacht […] und folgens den Müller also ligend noch ein stich An die achsel, ein stich neben dem Ohr, zwo großer wunden durch die hirnschale, sambt der Schalen ein groß stueckh Aus dem Kopff biß auff das Hirn gehauen. Hans Reinhart konnte jedoch von seinen schweren Wunden gene- sen, der Täter musste Abbitte leisten und ihm 100 Gulden Schmerzensgeld zahlen. Weniger Glück hatte sein Nachfolger Georg Müller, der rund 40 Jahre später von seinem Nachbarn »entleibt« wurde.Beruf mit zweifelhaftem Ansehen?Müller war, so scheint’s, ein gefährlicher Beruf! Lag das vielleicht daran, dass man ihnen unterstellte, sie würden nicht »ehrlich« mahlen und immer etwas Mehl heimlich woanders hin, nur nicht in den Sack des Kunden, laufen lassen? Mühlenstrafen finden sich in den Rechnungen des Klosterverwalteramtes immer wieder (nicht nur bei der Unterschlauersbacher Mühle), so heißt es z.B. im Jahr 1624:2 fl.[Gulden]4 ort[Ort = Nürnberger Währung]der Müller zur Undern Schlauerßbach, wegen 1 böesen fueßbodens und dass dass Melb zwischen der Zarchen und boden stein uff dass bieth gefallen.

 

Unruhige Zeiten

Im 17. Jahrhundert wechselten die Besitzer häufig, oft mussten Witwen einspringen, sicher ein Ausdruck der unruhigen Zeit, im 18. und 19. Jahrhundert wird die Konstanz dann größer. Die Schrecken des Dreißigjährigen Krieges spiegeln sich in dem Eintrag von 1644 beim Übergang an Georg Ott wider:so zu den bösen wesen oed gestandten und dahero in Zimmern undt Mahlwerckn ganz bußwürdig worden, Gestalten denn alles Eißenwerck aus der Mühl veruntreut. 1668, beim Tod von Georg Ott, wurde die Mühle um nur 480 Gulden angeschlagen, während es 1601 beim Tod von Hans Reinhart noch 3.500 Gulden waren!

 

Normalität kehrt ein

Erst um 1700 scheint sich das Anwesen endgültig erholt zu haben. Beim Tod derAnna Maria Stammingerinwurde das Gesamtvermögen (ohne Schulden) auf gut 4.500 Gulden geschätzt und zugleich ein ausführliches und reiches »Inventarium« (Verzeichnis des Besitzes) angelegt, aus dem einige Dinge aufgeführt werden sollen: 34 Pfund Zinn (Schüsseln, Teller, Kannen), 10 Pfund Kupfer (u. a. einen eingemauerten Branndtweinkessel sambt dem huth), 9 verschiedene beschlagene Krüge (u. a. 2 Porcellinene Maskrüg), eine große Menge aneisernem Kuchengeschirr (Küchengerät, u. a. Pfannen, Dreifuß, Ofengabel), sehr viel an Kleiderwahren, An Tuch und Weißen gezeuch, An Flachß und Gespünst, An Bettwerckh, ja sogar anTobackh.An Viehewaren damals auf dem Hof 3 Pferde, 1 Fohlen, 8 Stück Vieh, 4 Schweine und 9 Ferkel, 18 Hühner. Der Bestand anSchrein Zeuch[Möbeln] ist sehr gering, vielleicht weil nicht alles im Haus der Verstorbenen gehörte:1 Behälter[Schrank]mit 2 Thürn und doppelten Beschlägen, 1 Bettstatt, 1 alte dergleichen, ferner 2 Bettstatten zum Ehehalten[Gesindebett], 1 Meel Kasten, 1 Speißtruhen, 3 Spinnräder, 1 Tisch, 1 Schranenbank[Bank mit Lehne], 3 Stühl, 1 Schlag Uhr, 1 truhen in der stube.

 

Im Museum

Maßgebend beim Wiederaufbau im Museum – soweit als möglich – war das 17./18. Jahrhundert. Entsprechend wurde z. B. im Obergeschoss der große freie Tennen wiederhergestellt. Türen und Türgewände sind größtenteils noch aus dem Haus und zeigen nun wieder ihre ursprüngliche kräftige, gelbliche Maserierung, die zum Ockergelb des Fachwerks mit seinen schwarzen Begleitstrichen passt. Die sparsame Möblierung musste im ganzen Haus weitgehend frei erfolgen, ohne Kenntnis des tatsächlichen ursprünglichen Zustandes. Sie soll die Raumfunktion andeuten. Nur in der Stube des Erdgeschosses konnte auf erhaltene originale Teile aus der Mühle selbst zurückgegriffen werden, wie Tisch, Bänke, Kabinettlawand. Diese Ausstattungsstücke datieren aber bereits ins frühe 19. Jahrhundert, aus dem u. a. auch die blaugrundige Schablonierung stammt. Schließlich ist auch die technische Einrichtung des Mühlenraums nicht ohne Teile und Gegenstände des 19. Jahrhunderts möglich gewesen, da ältere nicht mehr umfassend zur Verfügung standen.

 

Die Mühlentechnik

Beim Abbau 1981 wies die Mühle bereits eine »moderne« Mühlentechnik auf; das Wasserrad von 1895 war 1924 durch eine Turbine ersetzt worden. Das (bauliche) Aufbaukonzept im Museum sah aber die Zeit des 16. bis 18. Jahrhunderts vor, mit entsprechender Mühlentechnik, die wenn möglich mit Originalteilen fränkischer Mühlenbaukunst erfolgen sollte. Basis für die Rekonstruktion war letztlich die aus der Weidenmühle bei Pommelsbrunn (Lkr. Nürnberger Land) geborgene Bied mit Wellbaum, Kammrad, Mühleisen und Stockgetriebe. Offensichtlich handelte es sich ursprünglich um eine viergängige Anlage, ebenso wie es in Unterschlauersbach um 1810 der Fall war. Es waren aber nur noch drei (von einst fünf) Gebinden der Bied erhalten. Um die Rekonstruktion zu begrenzen, wurde nur eine zusätzliche Zone ergänzt, so dass lediglich drei Mahlgänge untergebracht werden konnten, davon zwei direkt von Wasserrad und Kammrad getrieben, ein weiterer Nebengang in einer schmäleren Zone der Bied. So befindet sich heute in der Unterschlauersbacher Mühle eine einst in Mittelfranken bis ins 19. Jahrhundert allgemein übliche technische Ausstattung. Sie ist in dieser Form prinzipiell schon im 16./17. Jahrhundert nachweisbar, also auch zur Bauzeit der Mühle (1576/1601) denkbar. Die Arbeit in einer Getreidemühle lässt sich in drei Abschnitte gliedern: Reinigen, Mahlen, Sichten. Gereinigt wurde ursprünglich mit Handsieben, während das Mahlen und Sichten (= die Feinsortierung des Mahlguts) mit Hilfe der Wasserkraft geschah. Eine (Wasser-) Mühle besteht aus mehreren aufeinander abgestimmten Teilen: dem Antrieb (mit Wasserrad und Zahnradübersetzung), dem Mahlwerk und dem Beutelwerk. Beim Wasserrad unterscheidet man zwischen oberschlächtig (Rad wird durch herabfallendes Wasser angetrieben) und unterschlächtig (Rad wird durch unten durchfließendes Wasser angetrieben). Über eine als Wellbaum bezeichnete Radachse wird die Kraft in das Innere der Mühle übertragen. Die Bied, das Mühlgestell innerhalb des Mühlgebäudes, verbindet Antrieb und Mahlwerk. Die äußerst kräftige Zimmermannskonstruktion aus Säulen, Pfetten und Schwellen bildet das Lager für den Wellbaum und zugleich das Podium für die schweren Steinmahlwerke. Der eigentliche Mahlvorgang läuft zwischen den Mahlflächen der waagerechten Mühlsteine. Der untere, feste Bodenstein (Sitzer) und der obere, sich drehende sog. Läufer haben einander zugewandte Mahlflächen, die aufgeraut und mit Mahlfurchen (Schrenzen) versehen sind. Aus dem Zerkleinerungsprozess vom Korn zum Mehl entstehen je nach Feinheit die Mahlprodukte Schrot, Kleie, Grieß und Mehl der verschiedenen Typen. Die eigentlichen Mehlmahlgänge unterscheiden sich vom Schrotgang durch das zusätzliche Beutelwerk, dessen Hauptbestandteil der Beutelkasten ist. Der Beutelkasten ist gleichsam eine vollautomatische Sicht- und Siebmaschine, ebenfalls angetrieben vom Wasserrad. Er lässt sich für die Unterschlauersbacher Mühle bereits 1617 und nochmals in verbesserter Ausführung mit »Säuberer« 1717 belegen.


Bilder


Bilder vom Ursprung


Events

Deutscher Mühlentag

Alles dreht sich um „Wasser“ und ums Mühlrad: Die große Getreidemühle aus Unterschlauersbach und die…

  • Mo, 20 Mai 2024 | 09:00 - 18:00 Uhr
  • Feste und Sonderveranstaltungen
  • Ölmühle von der Flederichsmühle, Mühle aus Unterschlauersbach

Summary (English)

The mill from Unterschlauersbach (district Fürth) was built in 1576. Two water wheels drive the set of stones. Farmers had to let their grain be grinded in order to produce much needed bread, therefore millers had a high reputation and were sometimes wealthy. At certain times the mill is still in use.


Zugänglichkeit

Insgesamt:Note: 1
Ergeschoss ist Barrierefrei:ja
  • Eingangsbreite: 111 cm
  • Eingangsschwelle: 3 cm
  • Erdgeschoss zugänglich
  • Schwellen innen: Mühlraum eben, Küche eben, Stube 14 cm, Schlafkammer 25 cm, Vorratskammer 17 cm
  • Breite Türen innen: Mühlraum 76/120 cm, Küche 85 cm, Stube 87 cm, Schlafkammer 94 cm, Vorratskammer 69 cm
  • Boden außen: grobes Pflaster, Schotterweg, leicht uneben
  • Boden innen: eben; Steinplatten / Holzboden
Fotoaufnahme des Eingangsbereichs der Mühle aus Unterschlauersbach am aktuellen Standort. An den, mit Fensterläden versehenen, Fenstern stehen blühende Blumentöpfe. An der Hauswand lehnt u.a. ein Mahlstein.

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