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Färberhaus aus Heidenheim

Altmühlfranken

Das Färberhaus aus Heidenheim von 1831 ist eines der vielen kleinen »Tropfhäuser« mit wenig Grundbesitz, die gerade im 19. Jahrhundert von Kleinhandwerkern und Tagelöhnern errichtet wurden. Im Anbau befindet sich eine hölzerne Kaltmang mit Göpelwerk.


Eckdaten

Hausnummer:93
Ursprung:Heidenheim, Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen
Bauepoche:1831 (Inschrift, archivalischer Hinweis), Erweiterung 1840
Ausstellung:2. Hälfte 19. Jahrhundert
Konstruktionsmethode:Eingeschossiger Massivbau mit Fachwerkgiebeln, Satteldach mit Biberschwanz- und Zwicktaschen-Einfachdeckung (gemischt)
Abbau:1983
Aufbau:1983-1986
Baugruppe: Altmühlfranken
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Besonderheiten

Die Kaltmang im Färberhaus

Hinter dem unscheinbaren Äußeren des Färberhauses aus Heidenheim verbirgt sich eine technikgeschichtliche Rarität: eine ganz aus Holz gefertigte Kaltmangel für die Färberei, angetrieben durch einen hölzernen Göpel. Als das Haus um 1960 von Nachbarn gekauft und lediglich noch als Wirtschaftsgebäude genutzt wurde, wollte niemand das »alte hölzerne Glump« haben. Nur durch Zufall gelangten die für einen Garagenumbau entfernten Teile in den Besitz eines kundigen Sammlers, über den sie schließlich das Museum erwerben und nach etwa 20 Jahren wieder in das nunmehr ins Museum versetzte Haus einbauen konnte. Die »Färbermang« besteht aus zwei Hauptteilen: dem großen, 5 m langen Mangkasten, der auf einem erhöhten Podest hin- und herrollen kann, und dem Göpel, der den Kasten in Bewegung setzt. Funktional gesehen handelt es sich um eine ins Riesenhafte übersetzte Mangrolle mit Mangbrett: Die Stelle des Tisches nimmt ein Podest ein, dessen Holzplatte durch aufgelegte Pappe noch ebener und gleichmäßiger wird; die Stelle des Mangbrettes der mit Steinen gefüllte, tonnenschwere Mangkasten, mit dem zugleich der nötige Druck erzeugt wird, und anstelle der Hand werden die rollenden Bewegungen über den Göpel erreicht. Alle Teile der eindrucksvollen hölzernen Technik sind handwerklich sehr sorgfältig gearbeitet, die Felgen der Zahnräder z. B. kunstvoll ausgeschnitten, der Mangkasten mit Füllungen versehen. Größtenteils wurde Eichenholz verwendet. Nötig war diese Mang, um die Stoffe vor dem Druckgang zu glätten und auch um den gefärbten Stoffen zum Schluss den letzten »Schliff«, bzw. Glanz zu geben. Im 20. Jahrhundert diente sie fast nur noch als normale Wäsche-Kaltmangel. Vorrichtungen dieser Art müssen früher weitverbreitet gewesen sein, wie sich auch aus alten Handbüchern ergibt. Gerade in der weiteren Umgebung von Heidenheim lassen sich mehrere, z. T. noch weit größere Anlagen nachweisen.


Beschreibung

Neubau von 1831

Laut Brief vom 18. April 1831 erwarb Johann Georg Föttinger, Zimmergesell, ½ Tagwerk Weihergarten, und hat auf einem Theil desselben das Wohnhaus selbst erbaut. Die Richtigkeit dieser archivalischen Überlieferung bezeugt noch heute die Inschrift »18 J G F 31« am Türsturz des Hauses. Zugleich ist dies eine Bestätigung, wie schnell auch früher Häuser errichtet werden konnten, denn der Kauf des Grundstücks fand ja erst im Frühjahr des gleichen Jahres statt. Ausführender Handwerker war der Bauherr selbst. Und trotz seines Berufes errichtete Föttinger keinen Holzbau, sondern verwendete hauptsächlich den ortsüblichen Bruchstein für die Wände und selbst das Giebelfachwerk wurde verputzt.

 

»Tropfhaus«

Bei Johann Georg Föttingers Haus handelt es sich um eines der vielen kleinen sog. Tropfhäuser, die gerade im 19. Jahrhundert von Tagelöhnern und Kleinhandwerkern auf bisher unbebautem Grund errichtet wurden. Der Begriff »Tropfhaus« beschreibt anschaulich die geringe Grundstücksgröße solcher Anwesen: der vom Dach tropfende Regen markierte mehr oder weniger die Grundstücksgrenze! Landwirtschaft konnte auf solch einer kleinen Parzelle selbstverständlich nicht betrieben werden. Wirtschaftlich stand es aber offensichtlich nicht schlecht um Johann Georg Föttinger, denn schon 1840 erweiterte er das Haus um einen Stadelanbau. Die Baunaht ist noch heute am Gebäude zu sehen, wenngleich die Bauweise beim Anbau identisch ist mit dem neun Jahre älteren Wohnhaus.

 

Färberhaus

Zum Färberhaus wurde das Handwerkerhäuschen erst 1842, gut zehn Jahre nach seiner Erbauung. Damals hat Joh. Gg. Föttinger das Haus Nr. 731/2 […] an den Färbermeister David Theilhaber verkauft. Frühestens jetzt wurde der neue Stadelanbau zum Mangraum umgenutzt. Nach mehrfachem Besitzerwechsel in kurzer Zeit erwarb 1857 der Färbermeister Johann Leonhard Krauß, gebürtig aus Uffenheim, das Anwesen. Nach mündlicher Familienüberlieferung hat unter ihm die Färberei einen großen Aufschwung erlebt, während dessen Sohn Wolfgang, der 1885 den Besitz übernahm, die Landwirtschaft erweiterte. 1885 wurde auch ein neuer Stadel gebaut; das alte Stadeltor am Haus mag zur gleichen Zeit zugemauert worden sein (beim Aufbau im Museum wurde der frühere Zustand wieder hergestellt).

 

Wohnen und teilweise Arbeiten

Genau genommen ist das im Museum stehende Haus nicht oder nur zum Teil das eigentliche Färberhaus. Die Färberei selbst, mit Druckstöcken und Farbkesseln, war im sog. Farbhaus untergebracht, das schon 1842 von dem ersten Färber David Theilhaber etwas abseits neu erbaut worden war und heute, völlig verändert, als kleine Wohnung dient. Das Museumsgebäude ist nur das Wohnhaus des Färbers mit Mang im angebauten Stadel, in dem außerdem noch die einer Kelter ähnliche, hölzerne Dekatierpresse (datiert 1824) steht – sie ist zum Glück ebenfalls erhalten, nur leider nicht ganz vollständig. Im Haus spielte sich der Verkauf der Waren ab und sicher sind hier auch Vorarbeiten zum Färben verrichtet worden.

 

Im Museum

Großer Wert wurde beim Wiederaufbau auf die originale Innengestaltung der Wohnräume gelegt, aus denen sich zwar keine Möbel, aber die feste Ausstattung mit Ofen und Holztrennwänden erhalten hat. Eine exemplarische Befunduntersuchung brachte außerdem die überraschend reiche farbige Gestaltung mit Schablonenmalerei seit der Bauzeit ans Licht. Gezeigt wird der Zustand etwa der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als das Haus bereits im Besitz von Färbern und sicher auch die Mang bereits hier untergebracht war, die vermutlich einst woanders stand. Denn sie dürfte älter als von 1840/42 sein.


Bilder


Bilder vom Ursprung


Summary (English)

The dyer's house from Heidenheim (west of Weißenburg) was – as can be read on the lintel – erected in 1831 and expanded in 1840. The one-story squarry stone building with its plastered half-timbered gables is roofed partly with beavertails and partly with hewn ledges of chalk. It is one of the many small „Tropfhäuser“ with only little ground that were erected in the 19th century mainly by small craftsmen and peons. Inside a state of rich and colorful design is shown. In 1842 the house is sold to a master dyer, which uses the former stable as a room for his box mangle. In such way, a small technical masterpiece of the pre-industrial time has found its place again: a wooden box mangle with whim to smoothen the fabric prior to selling it. In an annex on the eastern side another whim from 1623, that formerly belonged to a dyeworks from Dinkelsbühl, can be found.


Zugänglichkeit

Insgesamt:Note: 3

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