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Abraham ben Yosef und Kallmann Moises Dispecker

Die ehemaligen jüdischen Gemeinden im ländlichen Raum Frankens konnten ihr Gemeindeleben weitestgehend selbst gestalten. Einer Gemeinde war es daher möglich, einen eigenen Rabbiner zu beschäftigen. Die kleinen Landgemeinden konnten aber selten die Mittel für einen gut ausgebildeten Kandidaten aufbringen, vielerorts gab es daher gar keine Rabbiner.

Über Nathaniel Gabriel Weisbart, den langjährigen und letzten uns bekannten Rabbiner in Allersheim, berichteten wir bereits (siehe untenstehender Link). Neben Nathaniel Gabriel Weisbart wissen wir noch von weiteren Rabbinern in Allersheim, die wie Weisbart die Synagoge bewohnten und mehrere Aufgaben übernahmen, wie zum Beispiel die Aufsicht über den jüdischen Friedhof in Allersheim.  

Der früheste Beleg für Rabbiner in Allersheim findet sich in einem Siddur, also einem Gebetbuch, von 1752. Es handelt sich um eine handgeschriebene Widmung des Allersheimer Rabbiners Abraham ben Yosef an seine Frau Rechel anlässlich ihrer Hochzeit. Das Geburtsdatum von Abraham ben Yosef ist nicht bekannt, geboren wird er als Sohn von Josef b. Schneior Gideon und seiner Frau Breindlin. Zusätzlich zu seiner Tätigkeit als Rabbiner ist Abraham ben Yosef der damalige amtlich bezeichnete „Vorgänger“ von Allersheim. Als Vorgänger regelt und vertritt er die Belange der jüdischen Gemeinde nach innen und außen.

Wenige Jahrzehnte danach nimmt Kallmann Moises Dispecker spätestens 1796, wie ein Beleg über sein gezahltes Schutzgeld besagt, seine Arbeit in Allersheim auf. Im Vorfeld betreibt er einen Spezereihandel in Dispeck und arbeitet anschließend als Friedhofsbetreuer bei Würzburg. 1774 heiratet er außerdem seine Frau Rösla in Fürth, die beiden bekommen die Söhne Jakob Kallmann und Salomon Kallmann. In Allersheim ist Kallmann Moises Dispecker als „Unterrabbiner“ und Friedhofspfleger tätig. Unterrabbiner sind die Stellvertreter des Oberrabbiners, die in Franken im 17. und 18. Jahrhundert die „religiöse Leitung“ der jüdischen Gemeinden innehaben. Kallmann Moises Dispecker stirbt um 1805. Mehr über Rösla Dispecker gibt es unter dem untenstehenden Link zu lesen.

Anhand von Abraham ben Yosef, Kallmann Moises Dispecker und Nathaniel Gabriel Weisbart können wir feststellen, dass Rabbiner ab der Mitte des 18. Jahrhunderts nahezu durchgängig in Allersheim vertreten waren. Vermutlich konnte sich die ehemalige jüdische Gemeinde die Beschäftigung eines Rabbiners aufgrund ihrer stetig wachsenden Mitgliederzahl leisten. 1816 lebten in Allersheim 331 Personen, darunter 90 Jüdinnen und Juden. Daraus ergab sich ein Prozentsatz von ca. 28% der Gesamtbevölkerung, der höchste im damaligen Landgerichtsbezirk Röttingen.

Vielleicht spielte auch die Bedeutung der jüdischen Gemeinde Allersheim mit hinein, die in dem 1665 angelegten jüdischen Friedhof begründet lag. Der Friedhof, der bis heute existiert, hatte ein großes Einzugsgebiet und diente jüdischen Gemeinden im Umkreis von bis zu 30 Kilometern als Begräbnisstätte.

 

Weiterführende Links:

https://freilandmuseum.de/entdecken/neuigkeiten-und-blogs/einzeleintrag/nathaniel-gabriel-weisbart

https://freilandmuseum.de/entdecken/neuigkeiten-und-blogs/einzeleintrag/roesla-dispecker