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Gitta Grünbaum

Wir nutzen den heutigen Weltfrauentag, um nochmals auf das wichtige Thema "Frauen und Erinnerungskultur" aufmerksam zu machen. Dazu haben wir 2020 einen ausführlichen Beitrag veröffentlicht, mehr dazu unter dem untenstehenden Link! #femaleheritage#FrankensFrauen

Genisafund aus der Synagoge aus Allersheim (Foto: Fränkisches Freilandmuseum Bad Windsheim/Frank Wittstadt)

Gitta oder auch Gitel Grünbaum wird zwischen 1833 und 1842 als Tochter von Gitüla und Samuel Grünbaum geboren. Ab 1873 wohnt sie in Bütthard und verstirbt dort am 21. Mai 1876. Wenig wissen wir oft über die Frauen einer jüdischen Gemeinde, denn in (amtlichen) Quellen geht es häufig um Besitz, Berufliches oder Streitfälle. Das sind Bereiche, die damals – zumindest offiziell – Domäne der Männer waren. Lokalzeitungen und Anzeigenblätter veröffentlichen dagegen auch andere Vorgänge und nennen in diesem Zusammenhang öfters auch Frauen.

Um ein Bild von Gitta Grünbaum zu bekommen, ziehen wir den Nachruf heran, der anlässlich ihres Todes am 5. Juli 1876 in der Zeitschrift „Der Israelit“ lanciert wurde. Nachrufe sind reine Lobeslieder auf die jeweiligen Verstorbenen, was es beim Lesen zu beachten gilt. Dennoch enthalten sie Informationen, die uns die betreffende Person näherbringen.

So wird Gitta Grünbaum, besonders den Armen gegenüber, als wohltätig und gastfreundlich beschrieben. Weiter wird sie als friedliebend charakterisiert, wofür sie von allen geachtet worden ist. Zu ihrem Begräbnis sollen „…von Nah und Fern und selbst viel Christen, der Herr Bürgermeister und die Herren Gemeinderäte…“ gekommen sein. Ebenso findet ihre „wahre“ Frömmigkeit Erwähnung. Fleißig soll sie in der Heiligen Schrift, der Tora, gelesen haben.

Damit ist ein interessanter Punkt angesprochen: Obwohl Frauen im Judentum nicht zum Besuch der Synagoge oder dem Schriftstudium verpflichtet sind, wurde traditionell Wert auf ihre Bildung gelegt. So lernten jüdische Frauen die hebräische Bibel in Zeiten, in denen der Großteil der (nicht-jüdischen) Gesellschaft weder lesen noch schreiben konnte.

Der Nachruf von Gitta Grünbaum gibt uns schließlich nicht nur einen Einblick in ihr Leben, sondern bietet auch interessantes Wissen über das jüdische Leben und das Leben jüdischer Frauen auf dem Land. Gitta Grünbaum ist damit ein weiteres Beispiel aus unserer Biografienserie, das für ein stärkeres Interesse an der Erforschung jüdisch-weiblicher Lebensgeschichten spricht. 

 

Mehr über das Thema "Frauen und Erinnerungskultur" gibt es hier:

https://freilandmuseum.de/entdecken/neuigkeiten-und-blogs/einzeleintrag/herrenrunde-eine-geschichte-ohne-weibliche-hauptdarstellerinnen

 

Exkurs: Genisafunde sind wichtige Quellen für jüdisches Leben und belegen die große Bedeutung des Schrifttums im jüdischen Glauben. Die Genisa ist ein Depot zur Aufbewahrung von unbrauchbar gewordenen Schriften. Die Überreste aus der Allersheimer Genisa stammen aus einem Gebetbuch (siehe Foto).