Himmelslöcher
Früher sollten liturgische Inszenierungen in den Gottesdiensten den Gläubigen die Glaubensinhalte einprägsam vermitteln. Heute ist uns allenfalls noch das Krippenspiel zu Weihnachten aus dieser Kategorie bekannt. Der Kirchenraum fungierte dabei als Bühne und das Gewölbe oder die Decke als Himmel. Als Durchgang zwischen Himmel und Erde diente dabei häufig ein „Himmelsloch“, der mit einer Öffnung versehene Schlussstein eines Gewölbes oder eine Öffnung in der Decke des Langhauses.
Das Himmelsloch konnte zu verschiedenen Anlässen im Kirchenjahr „bespielt“ werden. So wurde z. B. an Himmelfahrt eine Christusfigur hochgezogen oder zum Fest Mariä Verkündigung eine Engelsfigur herabgelassen. Man ließ auch Hostien als „Himmelsbrot“ oder Blütenblätter herabregnen oder stürzte Teufel herunter. Eine weitere Verwendung erfuhren die Himmelslöcher an Pfingsten. Auch bei unserem Himmelsloch liegt die Vermutung nahe, dass es als „Pfingstloch“ oder „Heilig-Geist-Loch“ diente. Dabei kam zumeist der Heilige Geist in Form einer Taube herabgeschwebt.
Die Taube ist die bekannteste Veranschaulichung des Heiligen Geistes. Die Bibel lässt den Heiligen Geist in der Apostelgeschichte (Apg. 2,1-4) als Sturm und Feuer erscheinen, weshalb es auch Inszenierungen z. B. mit brennendem Werg gab. Solch brandgefährliche Aktionen und tödliche Unfälle führten sicher auch dazu, dass man diese „spectacula“ in aufgeklärten Zeiten untersagte. Die evangelischen Gemeinden hatten solche „mit Bildern getriebenen Schauspiele“ sogleich mit der Reformation abgeschafft.
Heute greift das Museum Kirche in Franken diesen Pfingstbrauch in der Reihe „Kunst unterm Kirchendach“ wieder auf. Seit 2019 wird unser Heilig-Geist-Loch am Pfingstfest mit Feuerzungen bespielt. Die textile Kunstinstallation von Andrea Thema gibt dem Pfingstgeschehen und dem alten Brauch einen neuen lebendigen Ausdruck.