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Gasthaus zum Hirschen (ehemaliges Patrizierhaus)

Stadt

Das Gasthaus zum Hirschen, hat eine lange und komplizierte Baugeschichte vorzuweisen. Errichtet wurde das Haus 1358/59. Ab der Mitte des 16. Jahrhunderts war das Haus, im Besitz führender Rats- und Bürgermeisterfamilien aus Windsheim. 1764/65 ließ die geadelte Familie von Winterbach das Haus an der Holzmarktseite zu einem Bürgerpalais mit Mansarddach erweitern. 1809 wurde das Gebäude zum Wirtshaus und blieb es als Gasthaus zum Hirschen bis heute.


Eckdaten

Hausnummer:116
Ursprung:Stadt Bad Windsheim (Am Holzmarkt 14), Landkreis Neustadt a. d. Aisch – Bad Windsheim
Bauepoche:1358/59 (Jahrringdatierung), Umbau u. a. 1764 (Jahrringdatierung), 1896 (Bauplan)
Ausstellung:weitgehend 1764
Konstruktionsmethode:zweigeschossiger Massivbau, im Kern noch Fachwerk, Mansardwalmdach mit Biberschwanz-Doppeldeckung
Abbau:Sanierung 2001-2004
Baugruppe: Stadt
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Besonderheiten

Die Kräuter-Apotheke des Fränkischen Freilandmuseums

Seit dem Jahr 2004 befindet sich im Obergeschoss des Gasthauses Zum Hirschen die »Kräuter-Apotheke«, eine Dauerausstellung zur Geschichte des Apothekerberufes und der Apotheken. Dazu wurden typische Apothekenräume eingerichtet: zwei repräsentativ gestaltete Verkaufsräume (Offizinen), ein Labor zur Herstellung von Arzneimitteln, die Materialkammer zur Lagerung von Vorräten und Laborgeräten sowie darüber der Kräuterboden. Das Mobiliar der Apothekenräume stammt aus der Zeit des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Es ist dies eine Zeit, in der die Herstellung von Arzneimitteln noch den größten Teil der täglichen Arbeit des Apothekers einnahm, auch wenn es bereits verschiedene Fertigarzneimittel gab. Die Regale, Repositorien genannt, sind gefüllt mit Standgefäßen aus Holz, Porzellan und Glas. Sie enthalten die Arzneigrundstoffe, aus denen nach dem Rezept des Arztes die Arzneimittel herzustellen waren. Dazu bediente sich der Apotheker der Hand- und Standwaagen, verschiedenartiger Mörser oder der sog. Pillenmaschine. Präparierte Tiere wie Schildkröte oder Krokodil künden von den naturwissenschaftlichen Kenntnissen des Apothekers und dienten ihm als Werbeträger.


Beschreibung

Vom Patrizierhaus zum Gasthaus

Die beliebte Gastwirtschaft Zum Hirschen, in unmittelbarer Nähe zum einstigen städtischen Bauhof stehend, gibt als Bau aufgrund ihres Alters, ihrer Lage und ihrer komplexen Baugeschichte nach wie vor viele Rätsel auf. Eines steht jedoch fest: Das Haus wurde nicht als Wirtshaus gebaut. Erst 1809 kauft[e] der Storchenwirt Georg Leonh. Kilian das Anwesen um 3.600 fl von den Erben des Georg Christoph v. Winterbach. Bis dahin, also gewissermaßen bis zum Ende der reichsstädtischen Zeit, handelte es sich offenbar um das Wohnhaus führen – der Patrizier- bzw. Beamten-Familien in Windsheim.

 

Barocke Pracht…

Das jetzige repräsentative Aussehen zum Holzmarkt hin mit der breiten, palaisartigen, auf Symmetrie angelegten Fassade geht noch auf die geadelte Familie v. Winterbach zurück: 1752 kaufte der Bürgermeister Johann Balthasar von Winterbach das Anwesen um 1.500 Gulden; danach übernahm sein Sohn Georg Christoph v. Winterbach, Äußerer Bürgermeister u. Senator, um 3.000 Gulden; offenbar unter ihm wurde 1764/65 eine umfassende barocke Umgestaltung des Hauses durchgeführt, die das Aussehen bis heute bestimmt. Das gilt auch für das Innere des Hauses, bei dem sowohl im Erd- wie im Obergeschoss fast in jedem Raum Stuckdecken vorhanden sind. Bei genauerer Betrachtung zeigen sich wesentliche Unterschiede in ihrer Gestaltung, was darauf hindeutet, dass schon vor dem geschilderten Umbau 1764/65 barocke Umgestaltungen eingesetzt hatten.

 

…mit mittelalterlichem Kern

Doch im Innern steckt noch immer, und zwar in erheblichem Umfang, das spätmittelalterliche Hausgerüst von 1358/59: ein hoher Fachwerkbau mit allen Merkmalen der Bauweise des 14. Jahrhunderts in Windsheim, d. h. über zwei hohe Geschosse durchgehende Holzsäulen, Längsbalkenlage mit Gipsestrichböden und Gipsausfachungen, ein steiles, zweigeschossiges Dach mit stehendem Stuhl. Außerdem besitzt das Haus einen großen Keller, der möglicherweise sogar noch älter als der bestehende Fachwerkbau ist, da er – wie eigentlich eher im 13. Jahrhundert üblich – mit wuchtigen Gipsquadern sehr sorgfältig gemauert ist und erst nachträglich eine Wölbung erhielt.

 

Ursprüngliche Bedeutung

Als das Fachwerkhaus errichtet wurde, stand es noch außerhalb der Stadtmauern Windsheims, die erst ab 1424 auch diesen südlichen Bereich in den neu errichteten Mauerzug einbezogen. Die Lage des Anwesens deutet aber auch nicht auf eine allmähliche Ausweitung der Bebauung entlang der Verkehrswege hin, denn der Holzmarkt liegt gerade nicht an einer Ausfallstraße. Vielmehr scheint es sich um eine Art »Sonderbebauung« vor den Toren der Stadt zu handeln –ein adeliger Ansitz wäre hier durchaus denkbar, was die bisher nicht nachprüfbare Überlieferung, dass hier einst die Ritter von Gailingen saßen, stützen würde. Immerhin deutet auch das nur wenig geschwärzte, spätmittelalterliche Dachwerk auf ein besonders hohes soziales Niveau des Bauwerks hin, denn die normalen Bürgerhäuser waren zu der Zeit noch alle »Rauchhäuser«, d. h. sie besaßen keine Schlöte und der Rauch zog frei durch das Dach ab.

 

Gesicherte Überlieferung

Ab dem 16. Jahrhundert Die ersten sicheren archivalischen Nachweise über das Haus finden sich erst für das 16. Jahrhundert. Und seit damals bis ins 18. Jahrhundert lässt es sich als Haus von Bürgermeistern, »Senatoren« und anderen hohen »Beamten« der Stadt Windsheim belegen. Rätsel gibt die älteste Nachricht in der Stadtchronik auf: 1557 starb Conrad Zeidelein, alter Bürgermeister, der das Brodsorgische [später v. Winterbachsche] Hauß auff dem Holzmarkt neben dem Bauhoff, von grund auff neu gebaut hat. Nachweislich wurde das Haus aber keineswegs erst im 16., sondern schon im 14. Jahrhundert erbaut. Beim »Neubau« des Konrad Zeiderlein kann es sich also nur um einen Umbau gehandelt haben. Auch um 1700 zeichnet sich eine Veränderung ab, damals dürften die ersten Stuckdecken ins Haus gekommen sein. Möglicherweise geschah dies unter Bürgermeister Mercklein, ab 1702 als Besitzer nachweisbar. 1716 wird (vermutlich dessen Sohn) Johann Gerhard Mercklein, Ratsherr, als Besitzer genannt, dessen Erben dann 1752 an die schon genannte Familie von Winterbach verkauften.

 

Wirtshaus und Museum

Mit dem Verkauf des Gebäudes an den Wirt Georg Leonhard Kilian im Jahr 1809 wurde aus dem einstigen Patrizierhaus ein Wirtshaus – und blieb es bis heute. Besonders einträglich scheint die Gastwirtschaft zunächst nicht gewesen zu sein, immerhin wechselten die Besitzer zwischen 1809 und 1886 elf Mal! Erst mit dem Fürther Brauer und Wirt Georg Frey kehrte ab 1896 »Ruhe« und wohl auch Wohlstand ein. Unter ihm fanden die letzten größeren Umbaumaßnahmen im Innern statt, auf ihn verweist noch immer das nach dem alten Vorbild wieder angebrachte Wirtshausschild über dem Eingang. 1999 ergriff das Freilandmuseum die Gelegenheit, den »barocken« Teil des Hauses am Holzmarkt zu erwerben. Im Erdgeschoss befinden sich nach wie vor die Räumlichkeiten der Gastwirtschaft Zum Hirschen. Das Obergeschoss beherbergt dagegen die »Kräuter-Apotheke« und den Festsaal, der regelmäßig für Veranstaltungen des Museums genutzt wird.


Bilder


Bilder vom Ursprung


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Summary (English)

The inn „zum Hirschen“, that flanks the entrance to the builder's yard area at the wood market has a long and complicated building history. It was erected in 1358/59, at that time still outside of the city walls of Windsheim. Apart from the location, an older romanic basement indicates a special building, maybe an aristocratic estate. From the mid-16th century on, the house, in the meantime located inside the city walls, was owned by leading council and major-families from Windsheim. This can be seen in several extensions and renovations that are partly visible on the insode of the house. In 1700 the baroque interior design was introduced with the construction of baroque ceilings, in 1764/65 the ennobled von Winterbach family had the house remodeled into a citizen's palais with a curb roof on the side of the wood market. Of great importance was the symmetry of the facade, just consider the left door, which is only modelled from plaster. In 1809 the building was turned into an inn and it remains an inn to this day on. The rear part is in private property and shows a remarkable contrast to the palais on the front side. The inn can be entered from the wood market, the herbal pharmacy from the builder's yard. Here the permanent exhibition of the herbal pharmacy is housed that treats the history and importance of herbal growth and use in Franconia and also touches the production of sweets. In two pharmacies of the 19th century from Berlin and Burgpreppach (Lower Franconia) the history of pharmacy is shown with original interior, completed by a laboratory, a material-, herbal- and drying-chamber. The baroque cermonial hall of 1765 with its classical painting continues the exhibition but is also used as a room for lectures and concerts.


Zugänglichkeit

Insgesamt:Note: 1
Ergeschoss ist Barrierefrei:ja
  • Haupteingang mit Treppe
  • Seiteneingang zum Biergarten im Hof des Alten Bauhofs ebenerdig, auch Wirtsstube darüber ist über den Seiteneingang erreichbar.
  • Die Dauerausstellung "Kräuterapotheke" im ersten Obergeschoss ist leider nur über eine Treppe erreichbar.

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