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Bauernhaus aus Herrnberchtheim

Mainfranken - Frankenhöhe

Das Bauernhaus aus Herrnberchtheim wurde 1772 erbaut und wurde mit der gesamten zugehörigen Hofanlage ins Museum versetzt. Wir zeigen das Wohnhaus im Zustand vor dem Ersten Weltkrieg; die Einrichtung ist größtenteils original. Interessant sind die für die damalige Zeit moderne, große und helle Küche und die heizbare Schlafstube sowie die vollständige Austragswohnung im Obergeschoss.


Eckdaten

Hausnummer:20
Ursprung:Herrnberchtheim, Gemeinde Ippesheim, Landkreis Neustadt a. d. Aisch - Bad Windsheim
Bauepoche:1772 (Jahrringdatierung), Umbau 1823 und 1907 (Inschriften)
Ausstellung:um 1912
Konstruktionsmethode:zweigeschossiger Fachwerkbau, Halbwalmdach mit Biberschwanz-Doppeldeckung
Abbau:1982
Aufbau:1982-1984
Baugruppe: Mainfranken - Frankenhöhe
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Besonderheiten

Der Austrag: bäuerliche Altersversorgung

Der sog. Austrag regelt vertraglich die Übergabe eines landwirtschaftlichen Anwesens an die nächste Generation, der bisherige Besitzer wird quasi aus denBüchern ausgetragen. Da es bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts im bäuerlichen Bereich keine von öffentlich-staatlicher Seite organisierte Rente im Alter gab, musste man sich privat mithilfe eines Übergabevertrages absichern. Darin verpflichtete sich der neue Hofbesitzer gegenüber den Austräglern, alle Dinge der Daseinsversorgung für ein geregeltes Auskommen im Alter zu gewährleisten. Die Übergabe des Herrnberchtheimer Hofes im Jahr 1905 ist dafür beispielhaft, in der Notariatsurkunde wurde penibel festgehalten:

Die Eheleute Johann Kaspar und Kunigunde Barbara Markert haben ihren gesamten Besitz mit Ausnahme einiger Felder, zweier Ochsen und einem Schwein ihrem Sohn Johann Samuel Markert zum Preis von 26.000 Mark übergeben, wovon dieser sich 5.000 Mark als Heiratsgut abziehen konnte. Als Gegenleistung bedingten sich die Eltern folgendes Nutzungsrecht aus: das ausschließliche Wohnungsrecht im Haus Nr. 20 zu Herrnbergtheim und zwar in der oberen Stube links vom Treppenaufgang samt Küche und Kammer daneben; die Mitbenutzung des Kellers, Backofens, Kessels, Brunnens, ferner die ausschließliche Benützung einer Waschgelte und eines Waschkübels, sowie des dritten Teils vom Garten Pl. Nr. 46 […] endlich des dritten Teils der Fässer nach Wahl der Übergeber. Ferner an Naturalleistungen: jährlich drei Zentner Korn, drei Zentner Weizen, zweihundert Stück Eier auf vier Raten zu liefern, fünfzig Pfund Gerste, fünfzig Pfund Linsen, zehn Zentner Kartoffeln, der dritte Teil vom Obstertrag des Anwesens, weiter jährlich einhundertfünfzig Pfund Schweinefleisch, zwanzig Pfund Würste in dreierlei Sorten, dreißig Pfund Rindfleisch in zwei gleichen Raten zu liefern; sechs Pfund Rindschmalz, acht Pfund Schweineschmalz; vier Ster Scheitholz und einhundert Wellen heimzufahren, kleinzumachen und trocken aufzubewahren; täglich: einen Liter Milch das ganze Jahr hindurch, so oft gebuttert wird einhalb Pfund Butter.

Derartige Übergabevereinbarungen klingen heute hart und ökonomisch, doch je präziser alles geregelt war, umso weniger Streit konnte zwischen den Generationen entstehen. Eine eigene Wohnung mit Küche für den Altbauern wie in Herrnberchtheim war eher die Ausnahme, ein separates Austragshaus (vgl. Nr. 1) für die Alten muss als Luxus angesehen werden, der nur wenigen vergönnt war. In den meisten Fällen war der »Austrag« im Bauernhaus selbst untergebracht, als eigene Stube (vgl. Nr. 77), als eigene Kammer, oft aber auch nur als abgeteilter »Winkel« in der Stube, wofür auch das »Kabinettla« dienen konnte.


Beschreibung

Familie Markert

Die Geschichte des Anwesens Hs.-Nr. 20 in Herrnberchtheim ist eng verknüpft mit dem Namen Markert: Schon die ersten archivalischen Hinweise berichten von der Eheschließung des Kaspar Markert im Jahr 1720. Nachdem sein Sohn Johann Kaspar Markert wohl früh verstorben war, heiratete dessen Witwe Eva Apolonia im Jahr 1760 einen Georg Leonhard Roth aus Welbhausen. Unter ihm wurde das Bauernhaus um 1772 neu erbaut, von ihm leitet sich auch der Hausname ab: »Roth Hof«. Schon 1786 übernahm wieder ein Markert das Ruder, Eva Apolonias Sohn aus erster Ehe, Johann Kaspar Markert. Er kaufte seiner Mutter das Anwesen mit Dareingaben von Vieh und Fahrnissen um 2.200 fl. ab. Unter ihm wurde das Bauernhaus schon 1823 umgebaut, darauf weist eine Bauinschrift mit seinem Namen hin. Bis zur Übernahme durch das Fränkische Freilandmuseum blieb das Anwesen im Besitz der Familie Markert, den Namen »Roth- Hof« indes behielt die Hofstelle bis zum Schluss.

 

Erweiterung und Modernisierung

Eine entscheidende Umbauphase nahm ab dem Jahr 1907 ihren Anfang. Anhaltspunkte dafür liefern Inschriften an den Futtertrögen aus Beton im hinteren Stall (1907) sowie im Kratzputzmuster am hinteren Giebel (1908). Der Stallvergrößerung folgte im Zusammenhang mit dem Neubau eines Backofens eine umfassende Modernisierung des Wohnteils. War der Backofen vorher außerhalb des Hauses am Giebel angebaut und von der ursprünglichen Küche an der Südwest-Ecke des Hauses zu beheizen, so wurde im Zuge des Umbaus aus der Küche eine beheizbare Schlafstube. Die neue, größere, viel hellere und modernere Küche rückte zusammen mit dem Backofen an den Mittelpunkt des Hauses heran und trat etwa an die Stelle von zwei kleinen Kammern.

 

Der zentrale Ort des Hauses: die Stube

Die heizbare Stube, in der sich alles zusammendrängte, war der zentrale Raum im Haus, war Versammlungsraum der ganzen Großfamilie, also Eltern, Kindern, Großeltern und Dienstboten; von der Stube nur halb abgetrennt durch eine Bretterwand das für Franken typische Kabinettla, in dem zwei Brüder im Kindesalter in einem Bett schliefen oder auch später der Vater. Stube und Kabinettla bilden eine Einheit durch den Ofen – erstammt nicht aus dem Haus, sondern aus Oberheßbach (Lkr. Ansbach).

 

Das Erdgeschoss

Hinter der Wohnstube ist die Schlafstube; sie ist heizbar und damit für die Zeit modern. Hier schliefen die Eltern und das jeweils jüngste Kind. Daran anschließend die bereits erwähnte Küche, groß proportioniert für viele Mägen, mit einem offenen Schlot. Der gemauerte Backofen blieb nur bis 1950 im Haus; dann war es wohl angenehmer, das Brot zu kaufen. Der Gang führt vom unteren Tennen zu den Ställen, führt zum Vieh, das, notwendig und wertvoll für die bäuerliche Familie, mit im Haus wohnte. Am nächsten zum Stall schliefen naheliegenderweise die Knechte. Kalt und feucht war es im Winter in der Knechtkammer, doch welcher Fortschritt gegenüber einem Schlafplatz im Stall oder auf dem Dachboden.

 

Der doppelte Stall

Gleich zwei Ställe finden sich unter dem Dach des großen Bauernhauses, und das schon seit der Bauzeit. Der erste Stall, unmittelbar an die Wohnung anschließend, war dem wertvollsten Besitz des Bauern vorbehalten, nämlich seinen Pferden. Der hintere Stall dagegen bot Platz für sechs bis sieben Milchkühe sowie zwei bis drei Ziegen. Bemerkenswert ist die Deckenkonstruktion, die wohl noch auf das Jahr 1772 zurückgeht: ein Kappengewölbe, bei dem die einzelnen Kappen zwischen den Balken mit kleinteiligen Bruchsteinen ausgeführt sind – ein Vorläufer also der im 19. Und frühen 20. Jahrhundert weitverbreiteten Preußischen Kappendecke.

 

Das Obergeschoss

Eine Treppe aus Birnbaum (Lkr. Neustadt a. d. Aisch- Bad Windsheim), hergestellt 1891 mit handwerklichem Geschick, führt vom Tennen in das Obergeschoss. Hier, über der unteren Wohnstube, schliefen die Großeltern, die sich im Haus einen Rest Autonomie bewahren konnten. Selbst eine Küche gehörte zu der kleinen Austragswohnung. Ansonsten findet sich nur mehr eine kleine Kammer für die Dienstmagd. Die obere Stube nebenan blieb im Alltag weitestgehend ungenutzt. Nur an wenigen Sonn- und Feiertagen schliefen hier Verwandte und Bekannte inmitten der schönen, repräsentativen Möbel. Es war eine Ehre, hier schlafen zu dürfen. Dahinter befand sich eine Fleischund Vorratskammer.

 

Platz für eine große Familie

Das Herrnberchtheimer Haus ist innen sehr geräumig und hat auf zwei Ebenen elf Stuben und Kammern, davon sechs Schlafkammern. Es zeugt vom relativen Wohlstand der Besitzer, der Hof verfügte immerhin über 66 Tagwerk (= 22 ha) Äcker und Wiesen in einem der fruchtbarsten Gebiete Mittelfrankens. Hinzu kam ein beachtlicher Viehbestand: 2 Pferde, 6 bis 7 Milchkühe, 5 bis 6 Schweine, 6 bis 7 Schafe, 2 bis 3 Ziegen, rund 30 Hühner und 12 Gänse (Stand um 1912). Doch darf die Größe des Hauses nicht als reines Spiegelbild des Reichtums interpretiert werden. Um die guten Böden und großen Felder bewirtschaften zu kön nen, bedurfte es vieler Hände. Die Familie war groß, zählte zeitweise bis zu neun Personen, dazu lebten bis zu vier Dienstboten auf dem Hof, von saisonalen Wanderarbeitern und Tagelöhnern, die bei der Ernte halfen, abgesehen. Für eine voll funktionsfähige, eigentlich noch bis ins 20. Jahrhundert weitgehend autarke Ökonomie waren die Baulichkeiten durchaus angemessen.

 

Im Museum

Im Museum präsentiert sich das Bauernhaus heute weitestgehend im Zeitschnitt um 1912, die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. Die Rekonstruktion der Wohnsituation inklusive Einrichtung ist wesentlich dem letzten Besitzer – Paul Markert – zu verdanken. Mit ihm konnten zur Zeit der Translozierung des Hauses noch zahlreiche Interviews geführt werden, die ausschnittsweise im oberen Tennen über eine Hörstation zu hören sind. Seine Erinnerungen halfen auch, ein für dieses Haus und diese Gegend authentisches Bild des Wohnens und Wirtschaftens nachzuzeichnen. Viele der Möbel und Geräte stammen ohnehin aus dem Haus, wurden dem Museum zur Verfügung gestellt; wo sie fehlten, wurden ähnliche verwendet, wie z. B. das für die Zeit typische Vertiko oder die Nähmaschine in der Stube. Am authentischsten ist der Zustand der Oberen Stube; in ihr befinden sich ausschließlich originale Möbel aus dem Haus. Der Dokumentationszeit um 1912 entspricht auch die Schablonenmalerei an den Wänden. Wie üblich wurden vor dem Abbau Farbuntersuchungen durchgeführt und Putzproben von allen Wänden genommen. Dank dieser Untersuchungen konnten Farbe und Motiv zeitlich eingeordnet und die Schablonen rekonstruiert werden.


Bilder


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Summary (English)

The Bauernhaus (farmhouse) from Herrnberchtheim near Uffenheim was built in 1772. It has been recreated in exactly the same esenmble, complete with barn (from 1599) and pigsty (1840), as in ist original location. The building's interior is shown as it would have been before the First World War, witch much of the original furnishings from the period. Notable is the spacious and - for it's time - modern kitchen, as well as heating in the bedroom and separate 'granny flat' on the top floor.


Zugänglichkeit

Insgesamt:Note: 3
  • Zugang durch Hoftor mit 107 cm Breite
  • Zwei Zugangswege ins Haus: Steintreppe mit 9 Stufen zu je 15-18 cm (Geländer vorhanden), steile Rampe hinter dem Misthaufen mit groben, unebenen Steinplatten
  • Eingangstürbreite: 92 cm
mehrstufige Steintreppe und Steinschwelle

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