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Büttnerhaus aus Wipfeld

Mainfranken - Frankenhöhe

Das Büttnerhaus aus Wipfeld am Main wurde 1685-87 als zweigeschossiger Fachwerkbau errichtet. Bemerkenswert sind die bauzeitlichen Vertäfelungen in der Stube im Obergeschoss sowie zahlreiche Malereien, die von der katholischen Frömmigkeit im mainfränkischen Raum zeugen. Im Erdgeschoss befanden sich vermutlich ein Kelterraum und die Werkstatt des Büttners, der Weinfässer herstellte.


Eckdaten

Hausnummer:37
Ursprung:Wipfeld, Landkreis Schweinfurt
Bauepoche:1685-1687 (Jahrringdatierung), Umbau 1731
Ausstellung:1. Hälfte des 18. Jahrhunderts
Konstruktionsmethode:zweigeschossiger Fachwerkbau, Satteldach mit Rinnenziegel-Deckung
Abbau:2008-2009
Aufbau:2013-2015
Baugruppe: Mainfranken - Frankenhöhe
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Besonderheiten

Der Büttner

Fassmacher heißen in Franken bis heute zumeist Büttner, historisch oder geographisch waren aber auch weitere Bezeichnungen für dieses Handwerk verbreitet: Böttcher, Fassbinder, Küfer, Küfner oder Schäffler. Natürlich kam den Büttnern besonders in Weinbaugegendeneine große Bedeutung zu. Die Herstellung, Lagerung und der Transport des Rebensafts erforderte Sammel- und Verarbeitungsbehälter in großer Zahl. Aber auch sonst waren die vom Büttner gefertigten Holzgefäße (Eimer, Kannen, Fässer, Bottiche) aus dem früheren Alltag nicht wegzudenken. Diese sog. Daubengefäße oder -gebinde bestehen im Wesentlichen aus zusammengefügten Brettern, den Dauben, die, gehöhlt und gebogen, mit biegsamen Zweigen und später mit Eisenreifen gebunden wurden.

 

Noch bis etwa 1950 gehörten Büttner in vielen Dörfern und Städten zum Straßenbild. Nur rund zehn Jahre später war das Ende der Büttnerei in Franken allerdings bereits abzusehen: Die Trinkwasserversorgung durch neue Rohrleitungen ersetzte Holzeimer, Kannen und sonstige Sammelgefäße. Jauchewagen waren nun aus Metall,Wein- und Bierfässer zunehmend aus Edelstahl und Kunststoffbehälter taten ihr Übriges. In den 1960er Jahren wurden schließlich die letzten Büttnerklassen in den Berufschulen aufgelöst. Heute ist das Handwerk nahezu ausgestorben.


Beschreibung

Ein Haus mit drei Wänden

Das Büttnerhaus aus Wipfeld ist nicht nur ein besonders repräsentatives, sondern auch ein ungewöhnliches Gebäude: 1685–87 ließ es Nikolaus Schneider an eine bereits bestehende, wohl 1668 errichtete Scheune anbauen, daher besitzt das Haus nur drei originale Außenwände! Auch die Ausführung als reiner Fachwerkbau ist eher untypisch, war doch in Wipfeld und Umgebung schon früh der Massivbau verbreitet. Verwendet wurde übrigens neben Eiche vor allem geflößtes Nadelholz, der Main als Transportweg lag ja quasi vor der Haustür. Typisch für die Region ist die zweigeschossige Bauweise – anders als in Mittelfranken, wo sie meist nur exponierten Gebäuden wie Pfarr- oder Wirtshäusern vorbehalten blieb.

 

Weinbauer und Büttner

Der Erbauer Nikolaus Schneider war Weinbauer und Büttner (= Fassmacher) – wie viele andere Dorfbewohner auch. Johann Kaspar Bundschuh schreibt in seinem »Lexikon von Franken« 1802 zu Wipfeld: „Man findet daher hier die gewöhnlichen Professionisten [= Berufe], unter welchen der Büttner allein 49 sind, weil Weinbau die Hauptnahrung des Dorfes ausmacht.“ Trotz großer Konkurrenz hatte Nikolaus Schneider wohl ein gutes Auskommen, wie sich allein schon am reich verzierten Gebäude ablesen lässt: geschweifte Andreaskreuze, Rosetten, Scheiben mit Flechtbandkreisen sowie ein geschnitzter »Taustab« an der Hausecke. Daneben lässt das eingeschnitzte Zunftzeichen der Wipfelder Büttner keinen Zweifel am Handwerk des Hausherrn. Gearbeitet wurde im Erdgeschoss, hier befanden sich die Werkstatt, die Weinkelter und der Zugang zu einem Keller unter dem Nachbarhaus. 1731 wurde allerdings im Zuge eines Umbaus im Erdgeschoss eine Wohnung eingerichtet.

 

Wohnen im Obergeschoss

Wohnen und Arbeiten war im Büttnerhaus baulich getrennt, wie es in Unterfranken durchaus üblich gewesen ist (vgl.

Nr. 43, 49). Die Wohnung im Obergeschoss besteht aus einem geräumigen Flur, der beheizbaren Stube, der Küche und zwei Schlafkammern. Eine dieser beiden Schlafkammern, hinter der Küche gelegen, ist erst einige Jahrzehnte nach Erbauung des Hauses eingerichtet worden und ebenfalls beheizbar. Der prächtigste Raum ist die Stube mit holzvertäfelten Wänden samt Wandschränken. Mit den Zahnschnittfriesen und den profilierten Verdachungen greift die Vertäfelung noch auf typische Renaissance-Formen zurück. Die Decke präsentiert sich dagegen auffallend schlicht: keine aufwendige Kassettendecke, wie sie angesichts der Vertäfelung zu erwarten wäre, stattdessen nur graue Balken, weiße Putzfelder und schwarze Begleitlinien.

 

Öfen im Büttnerhaus

Die beiden Öfen im Büttnerhaus lassen sich zwar nach Befund eindeutig nachweisen, haben sich aber nicht im Original erhalten und mussten daher ergänzt werden. Der schwarze gekachelte Stubenofen – eine Leihgabe des Vereins Alt Windsheim – stammt wohl aus der Zeit zwischen 1740 und 1780 und zeigt auf allen drei Seiten als Ganzfigur Diana, die römische Göttin der Jagd, des Mondes und der Geburt. Befeuert wurde der Ofen wie damals üblich von der Küche aus. Der graffitgraue Anstrich erweckt ganz bewusst den Eindruck eines gusseisernen Ofens, der im 18. Jahrhundert einen höheren Wert darstellte als ein Kachelofen. In der kleinen Kammer neben der Küche heizt ein ebenfalls ins 18. Jahrhundert datierter, gusseiserner Rundofen aus dem Bestand des Freilandmuseums.

 

Zeichen der Volksfrömmigkeit Wie

heute noch beim benachbarten Bauernhaus aus Kleinrinderfeld (Nr. 45) zu sehen, befand sich auch am Büttnerhaus

eine geschnitzte Marienfigur (die vom Museum leider nicht übernommen werden konnte), ein Zeichen der katholischen Frömmigkeit der Region. Davon zeugen auch mehrere Christus- und Marien-Monogramme im Innern des Hauses. Ein besonderes Zeugnis katholischer Volksfrömmigkeit hat sich an der Schlafkammertüre hinter der Stube erhalten: Reste eines Einblattdruckes von 1711, die als Wallfahrtszettel identifiziert werden konnten. Genau genommen handelt es

sich um das früheste bekannte Wallfahrtsgebet der 17 km entfernten Wallfahrtskirche Maria im Sand im Franziskanerkloster Dettelbach.

 

Im Museum

Seit 1914 war das Gebäude nicht mehr bewohnt und verfiel zusehends. Alle Versuche, das eingetragene Denkmal vor Ort zu bewahren, scheiterten und so blieb als letzter Ausweg nur die Translozierung ins Fränkische Freilandmuseum. Dort ergänzt das Büttnerhaus in idealer Weise die beiden Weinbauernhöfe aus Mainfranken, nämlich den Schultheißenhof aus Obernbreit (Nr. 43/44) und den Weinbauernhof aus dem Maindreieck (Nr. 49/50). Im Erdgeschoss hat wieder das Büttnerhandwerk seinen Platz gefunden, in Form einer kleinen Dauerausstellung und einer tageweise betriebenen Büttnerwerkstatt. Das Obergeschoss wiederum vermittelt einen Eindruck vom Wohnen um 1700/1730, allerdings musste die Küche mangels historischer Befunde komplett rekonstruiert werden. Allein ein Gebäude zum »Anlehnen« wie am alten Standort fand sich im Museum nicht. Es bedurfte einer ganz neuen Rückwand, die sich durch ihre schlichte und moderne Holzbauweise bewusst von der historischen Bausubstanz abhebt.


Bilder


Summary (English)

The Büttnerhaus (cooper's house) from Wipfeld near Schweinfurt was built between 1685 and 1687 as a two-storey timberframe building with just three walls, as the fourth wall was that of the adjoining house. This missing wall hat to be added at the museum. Notable is the panelling in the sitting room on the upper floor as well as the lavish paintwork featuring the IHS monogram - a testament to the devout Catholicism dominant in the Main-Franconian region. The ground floor is thought to have once housed a wine pres and a cooper's workshop, which was also clad with wooden panelling. Making barrels to store wine was an important trade in this region.


Zugänglichkeit

Insgesamt:Note: 1

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