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Flachsbrechhaus aus Gailshofen

Mainfranken - Frankenhöhe

Das Flachsbrechhaus aus Gailshofen, erbaut 1765, stellt eine im westlichen Mittelfranken verbreitete Gebäudeart dar. Wegen der Feuergefahr beim Dörren von Flachs oder Lein stand es außerhalb des Dorfes und war massiv gebaut. Deutlich lassen sich Feuerraum, Rauchkanal, Dörrhaus und eigentliches Brechhaus unterscheiden.


Eckdaten

Hausnummer:42
Ursprung:Gailshofen, Gemeinde Ohrenbach; Landkreis Ansbach
Bauepoche:1765 (Inschrift)
Ausstellung:wie vorgefunden
Konstruktionsmethode:eingeschossiger Massivbau, Satteldach mit Biberschwanz-Einfachdeckung
Abbau:1985
Aufbau:1986
Baugruppe: Mainfranken - Frankenhöhe
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Besonderheiten

Flachsanbau und -verarbeitung

Auch in Franken war Flachs bzw. Lein lange Zeit die wichtigste Faserpflanze zur Herstellung von Textilien. Doch der Flachsanbau und die anschließende Verarbeitung des gewonnenen Flachses bis hin zur Leinenfaser war ein komplizierter und langwieriger Vorgang.

 

Für den Anbau war zunächst der Boden sorgsam vorzubereiten, da ein Entfernen unerwünschter Kräuter zwischen den jungen Leinpflanzen schwierig war. Nach der Aussaat hoffte man auf ausreichende Niederschläge. Bereits nach etwa 100 Tagen war der Lein erntereif und wurde handvollweise mit den Wurzeln aus dem Boden gezogen, was man als »Rupfen« oder »Raufen« bezeichnete. Der Lein wurde zum Nachtrocknen noch eine Weile auf dem Feld belassen und schließlich zum »Riffeln« auf den Hof gebracht. Mit einem »Riffelkamm« aus Eisen entfernte man dort die Samenkapseln, die sog. Leinbollen. Nun wurden die Leinstängel »geröstet«, d. h. man setzte mit Hilfe von Feuchtigkeit einen Rotteprozess in Gang. Hierzu breitete man die Pflanzenstängel entweder dünn auf einem Stoppelacker, einer Wiese bzw. Hutung aus und setzte sie dem feuchten Tau aus oder man legte sie, durch Steine beschwert, in ein Gewässer ein. Nach diesem »Rösten« mussten die Stängel zum genau richtigen Zeitpunkt wieder getrocknet und durch Dörren in einem Backofen oder im Kessel eines Flachsbrechhauses für das nachfolgende Brechen mürbe gemacht werden. Bei diesem Arbeitsgang wurden die Flachsfasern freigelegt. Durch das »Schwingen« wurden nun noch kleine, anhaftende Rindenteile endgültig beseitigt. Mit einer Hechel, welche aus spitz zulaufenden, auf einem Brett angeordneten Metallspitzen besteht, trennte man den Flachs in einzelne Fasern auf und sortierte ihn nach der Länge. Erst nach diesem Arbeitsgang stand die Flachsfaser als Rohmaterial für den Weber zur Verfügung.


Beschreibung

Flachsanbau um Rothenburg

Das Flachsbrechhaus aus Gailshofen ist eines der ältesten bekannten, inschriftlich datierten Brechhäuser in Franken. Seine Größe überrascht angesichts der wenigen Höfe (neun Stück) von Gailshofen, einem kleinen Dorf der Rothenburger »Landhege« (zur Reichsstadt gehöriges Landgebiet). Im größeren Nachbardorf Ohrenbach gab es sogar zwei Brechhäuser! In Mittelfranken war der Flachsanbau nie so bedeutend wie etwa in Teilen Oberfrankens, er diente vielfach nur zur Deckung des Eigenbedarfs an Leinen. Lediglich im Rothenburger Gebiet scheint er etwas größere Bedeutung besessen zu haben.

 

Dörren und Brechen

Die zentralen Arbeitsvorgänge der Flachsverarbeitung, nämlich Dörren und Brechen, zeichnen sich am Gebäude baulich deutlich ab: der größte Teil des Gebäudes mit dem breiten Tor diente als Brechhaus, der schmälere und kleinere Teil enthält den Dörrraum. Während im Brechraum keinerlei weitere Einrichtungen vorhanden sind – die hier arbeitenden Frauen brachten ihre hölzernen Brechen selber mit, außerhalb der herbstlichen Brecharbeiten diente der Raum auch als Schafstall – , verdient die Dörreinrichtung nähere Betrachtung. Eine fast kreisrunde Vertiefung im Boden, die sogenannte Pfanne oder der Kessel, nimmt den zu dörrenden Flachs auf, der auf eingelegten Stangen aufgeschichtet wird. Die zum Dörren nötige Hitze wird weit außerhalb erzeugt, im etwa 6 m entfernten Schürhäuslein. Ein mit Erde überdeckter, leicht ansteigender Rauch- und Warmluftkanal führt von hier in den Kessel des Dörrraums. Die heiße Luft zieht durch die aufgeschichteten Flachsbündel und entweicht schließlich durch eine mit einem Dächlein abgedeckte Rauchöffnung im Dach (sowie durch Fenster und Ritzen).

 

Ständige Brandgefahr

Das Anschüren erforderte großes Geschick, schnell konnten Funken durch den Kanal in den Dörrraum gelangen, wo der trockene Flachs schnell Feuer fing. In Gailshofen scheint dies mehrfach passiert zu sein, denn ein Teil der Dachhölzer ist angekohlt. Diese ständige Brandgefahr ist der Grund für die vom Dorf entfernte Lage der Brechhäuser, auch die außerordentlich massive und sorgfältige Bauweise aus zum Teil mächtigen, behauenen Muschelkalksteinen trägt der Rechnung. Mit Blick auf die Brandgefahr ist es nicht verwunderlich, dass in etlichen Herrschaftsgebieten die Obrigkeit durch Verordnungen den Bau von gemeinschaftlichen Flachsbrechhäusern befahl. Die Nutzung von Backöfen kam offiziell nur in Gebieten in Betracht, wo es freistehende Backöfen abseits des Hauses gab. Trotzdem wurden in der Praxis auch weiterhin die Backöfen direkt am und im Haus zum Dörren genutzt.

 

Im Museum

Die ursprüngliche Lage am Ortsrand wurde beim Wiederaufbau berücksichtigt und lässt sich im Museum wieder nachvollziehen. Leider war das Flachsbrechhaus zuletzt bereits halb eingestürzt. Während die größeren Gebäudeteile und auch der gemauerte Rauchkanal, wenn auch eingebrochen, noch erhalten waren, existierten vom Schürhäuslein und dem Kessel zum Darren des Flachses nur noch die Fundamente. Doch konnten die fehlenden Teile anhand von Vergleichsbeispielen ergänzt werden.


Bilder


Bilder vom Ursprung


Summary (English)

The Brechhaus ('breaking house') from Gailshofen near Ansbach was built in 1765, as is evident from ist inscription. This type of building was verys common in Central Franconia and was used to dry and break flax. Due to the fire risk involved in the process it was built from solid stone and stood a little outside the village. The differend processing rooms (firing, smoke channel, drying, breaking) can be clearly identified inside.


Zugänglichkeit

Insgesamt:Note: 1

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