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Scheuer mit Bäulein aus Retzbach

Mainfranken - Frankenhöhe

Die Scheuer mit Bäulein aus Retzbach wurden 1597 respektive 1590 erbaut: der Anbau ist tatsächlich einige Jahre älter ist als die Scheuer. Ursprünglich scheint es sich bei dem »Bäule« um ein separates, unterkellertes Nebengebäude mit einer kleinen Wohnung gehandelt zu haben.


Eckdaten

Hausnummer:50
Ursprung:Retzbach, Markt Zellingen, Landkreis Main-Spessart
Bauepoche:Bäulein 1590 (Jahrringdatierung), Scheuer 1597 (Jahrringdatierung)
Ausstellung:weitgehend wie vorgefunden
Konstruktionsmethode:Scheuer: eingeschossiger Fachwerkbau, nördliche Giebel- und westliche Traufwand massiv, Satteldach mit Rinnenziegeldeckung; Bäulein: zweigeschossiger Bau, massives Untergeschoss, Fachwerkobergeschoss, Satteldach mit Rinnenziegeldeckung
Abbau:1999
Aufbau:1999-2002
Baugruppe: Mainfranken - Frankenhöhe
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Besonderheiten

Ein Wohnraum?

Zwangsläufig stellt sich beim Bäulein die Frage nach der Funktion des Fachwerk-Obergeschosses. Es umschließt eine Kammer, die einer Stube nicht unähnlich erscheint – es fehlt nur der Ofen, sonst sind alle Merkmale vorhanden: relativ große Fenster, deren Gewände sogar mit Fasen besonders hervorgehoben sind, eine dichte Decke, ein Wandschrank in einer Ecke, eine Tür mit hervorgehobener Brettverkleidung, ja sogar ein von der Decke abgehängtes Ofengestänge dort, wo man einen Ofen erwarten könnte – von dem aber keine Spuren zu finden sind. Denkbar wäre, dass hier die »Aufsicht« beim Keltern wohnte – etwa ein Beamter des Würzburger Fürstbischofs, der die Weinmenge kontrollierte, um die entsprechenden Abgaben zu ermitteln. Die relativ aufwändige Ausstattung dieses Kammerraums an einer Scheune würde jedenfalls für eine etwas herausgehobene Funktion sprechen. Auch dass kein Ofen vorhanden war, ließe sich erklären, da man ja auf eine Beheizung bei einer nur gelegentlichen Nutzung im September und Oktober zu Zeiten der Weinlese durchaus verzichten konnte.


Beschreibung

Zwei Baukörper

Die Scheune aus Retzbach, nicht weit von Retzstadt, aus dem das im Museum zugehörige Wohnhaus stammt, wirkt auf den ersten Blick relativ unscheinbar; man sieht vom Hof aus eigentlich nur das große Scheunentor in der traufseitigen Mitte, darüber das hohe Dach, während links ein schmaler Bau auf hohem gemauerten Sockel mit einem Kellereingang und eigenem Giebel die Scheunenwand verdeckt. Sie besteht demnach aus zwei Bauteilen, die eigentliche Scheune und dann ein schmaler, quer dazu stehender flügelartiger Anbau. Beide Baukörper sind nur auf der Südseite konstruktiv eng miteinander verbunden, während sie ansonsten getrennt voneinander gezimmert erscheinen und so auch an der Kontaktstelle zwei Wände nebeneinander existieren: die östliche Scheunenwand und die westliche Anbauwand.

 

Die Scheuer

Die Scheuer ist ein dreizoniger und dreischiffiger Bau mit der Tenne in der mittleren Zone. Die beiden seitlichen Zonen sind in ihrer Größe sehr unterschiedlich, die südliche Zone breit, die nördliche sehr schmal, was auf unterschiedliche Funktionen

der beiden Zonen hinweist. Der große, abgeteilte Südteil der Scheune war aller Wahrscheinlichkeit nach der Raum für die Kelter. Tatsächlich haben sich im mit Stroh und Schutt bedeckten Boden dieses Raumes Teile einer hölzernen Kelter gefunden, ebenso im Keller. Die nördliche Giebelwand und die westliche Traufwand wurden schon seit der Bauzeit von Bruchsteinmauern (Buntsandstein und Muschelkalk gemischt) gebildet, das Fachwerk mit daneben gestellten Säulen nimmt eindeutig Rücksicht auf diese Mauern. Das relativ steile Satteldach mit den Steilgiebeln bestand so schon zur Bauzeit 1597, wie überhaupt der Bau seit seiner Erbauung kaum verändert wurde. Sogar das Scheunentor könnte noch auf diese Zeit zurückgehen, ebenso die (nur auf der Rückseite erhaltene) Eindeckung mit pfannenartigen handgestrichenen Hohlziegeln.

 

Das Bäulein

Die Schlichtheit des Fachwerks findet sich beim zierlichen Anbau, dem sogenannten »Bäule«, wie er von den Bewohnern genannt wurde, wieder, wobei jedoch die paarweise gezapften Fußbüge dem schmalen Giebel doch eine gewisse repräsentative Note geben. Das Bäulein besitzt ein unterschiedliches Bodenniveau. Anders als die Scheune selbst ist dieser Anbau nämlich zweigeschossig angelegt: ein halbhohes bruchsteingemauertes und verputztes Untergeschoss und ein darauf gesetztes, zuletzt ebenfalls verputztes Fachwerkgeschoss. Dieses besteht nur aus einem wohnlich wirkenden, mit drei Fenstern belichteten Raum. Das Untergeschoss nimmt eine breite, bequeme Treppe auf, die hinab in einen großen und hohen, tonnengewölbten Keller führt, der aber nicht unter dem Bäulein, sondern unter dem bereits geschilderten Kalterviertel der Scheune liegt – beide sind übrigens miteinander durch ein Loch im Gewölbescheitel verbunden.


Bilder


Bilder vom Ursprung


Summary (English)

The Scheuer mit Bäulein (barn with a small annexe) from Retzbach near Retzstadt dates from 1597 and 1590 respectively - which means that the annexe is actually older than the barn itself. It is thought that the 'Bäule' (small annexe building) was a separapte building with a small living area and a cellar, to which the barn was then added.


Zugänglichkeit

Insgesamt:Note: 3

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