Zum Hauptinhalt springen

Biographien

Julius Rothstein

Schwarz-Weiß Fotografie von einem Mann im Anzug mit Hut, an einem Geländer lehnend, vor einem Gewässer.

Julius Rothstein

Schwarz-Weiß Fotografie eines älteren Ehepaares in einem Garten vor einem Fachwerkhaus.

Julius Rothstein mit seiner Frau Sophie

Julius Rothstein wurde am 15.02.1872 als Sohn des Metzgers Isaac Rothstein und seiner Ehefrau Hannah, einer geborenen Rotfeld, in Haus Nummer 14 in Allersheim geboren. Er verdiente sein Geld zum Teil als Unterhändler, zum Teil handelte er mit Spezerei- und Schnittwaren.

Um 1900 heiratete er die drei Jahre jüngere Sophie Welsch aus Ottensoos, die für die nächsten drei Jahre mit ihm in Allersheim im Haus Nummer 51 lebte, das Julius teils von seiner Mutter übernommen hatte. Im gleichen Zuge erhielt Julius Rothstein das Bürgerrecht in seinem Geburtsort. Am 03.11.1901 kam der erste Sohn des Paares, Justin, auf die Welt. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits seit Jahrzehnten nicht mehr genug jüdische Menschen in Allersheim, um eine eigene Gemeinde aufrechtzuerhalten. Dennoch existierte eine solche formell noch immer. Gemeinsam mit einem anderen Allersheimer Juden beantragte Julius Rothstein deshalb den Anschluss der Gemeinde an den Nachbarort Bütthard, die Behörden gaben dem Ersuchen statt.

1903 schließlich hielt es die Familie nicht mehr im kleinen Ort. Julius Rothstein erwarb in Gaukönigshofen den Hof eines nach München abgewanderten Juden und trat nach einigen Jahren in die jüdische Viehhandelsgesellschaft „Löb Weikersheimer Nachfolger OHG“ ein. Als Teilhaber der „Compagnie“ handelte er rund um Allersheim und Gützingen, teilweise aber auch in Sonderhofen und Hopferstadt. Auch in Gaukönigshofen war Julius Rothstein im Führungsgremium der Kultusgemeinde, ein Zeichen seines Ansehens und seines Engagements. In Gaukönigshofen wurde am 10.06.1908 dann auch der zweite Sohn des Paares, Ignatz Rothstein, geboren.

Wie in ganz Unterfranken, so wurde auch in Gaukönigshofen das gesellschaftliche und politische Klima in den 1930er-Jahren zunehmend bedrohlich für Menschen jüdischen Glaubens. Nachdem beide Söhne bereits in die Vereinigten Staaten emigriert waren, suchte auch Julius Rothstein nach einem Weg für sich und seine Frau Sophie das Land zu verlassen, vor allem nachdem er im Zuge der Novemberpogrome 1938 kurzzeitig verhaftet worden war. Doch in den Jahren zwischen 1939 und 1941 scheiterten gleich mehrere Versuche des Paares, in die USA oder nach Kuba überzusiedeln. Das am 28.07.1940 bei der Gemeinde Allersheim beantragte Führungszeugnis kam schließlich erst am 23.06.1941 zum Tragen, als es dem Ehepaar Rothstein gelang, von Lissabon aus an Bord der „Serpa Pinto“ New York zu erreichen. Bereits seit dem 08.06.1941 waren sie in Lissabon registriert. Sie wurden die letzten Juden aus Gaukönigshofen, denen eine Emigration noch glückte. Für die Reise bezahlt hatten die beiden Söhne Justin und Ignatz, bei ersterem kam das Paar zunächst auch unter.

Das Glück in der neuen Heimat sollte nicht von langer Dauer sein. Am 04.05.1944 starb der einstige Allersheimer Viehhändler Julius Rothstein in Manhattan an den Folgen eines Herzschlages. Er ist neben seiner Frau Sophie auf dem Beth David Cemetery in New York beigesetzt.

 

Julius Rothstein

(English version)

Julius Rothstein was born on 15.02.1872 as a son of the butcher Isaac Rothstein and his wife Hannah, a born Rotfeld, in house number 14 in Allersheim. He made a living partially as a negotiator, partially as a tradesman for spices and cutlery.

In 1900, he married Sophie Welsch from Ottensoos, who was three years younger than him. Together they lived in house number 51 in Allersheim for the next three years, a house he partially took over from his mother. In the same year Julius Rothstein was granted citizen rights in his hometown. On 03.11.1901 the first son of the couple, Justin, was born. At that time, there had not been enough Jewish believers in Allersheim to form a community for decades already. However, the Jewish community still formally existed, so together with another Jewish man Julius Rothstein asked for the permission for the remaining believers to join the neighboring community of Bütthard, a wish that was granted by the authorities.

In 1903 the time of the Rothsteins in Allersheim ended. Julius bought a farm in Gaukönigshofen, that had once belonged to another Jew who had moved to Munich. After some years, he joined the Jewish cattle dealing society of “Löb Weikersheimer Nachfolger OHG”. As a partner of this company, he traded around Allersheim and Gützingen and on rarer occasions also around Sonderhofen and Hopferstadt. In Gaukönigshofen, too, Julius Rothstein was in the leading board of the cultural community, a fact that speaks for his reputation and commitment. On 10.06.1908, Gaukönigshofen became the birth place of Ignatz, the second son of Sophie and Julius.

As in all of Lower Franconia, the political and social climate in Gaukönigshofen became more and more threatening for Jewish citizens in the 1930s. During the pogroms of 1938 Julius Rothstein was arrested and imprisoned for several days. After both their sons had already emigrated to the United States, Julius and Sophie Rothstein searched for a way to also leave the country, but from 1939 to 1941 several attempts to emigrate to the United States or Cuba failed. Finally, on 23.06.1941, the couple was able to board the “Serpa Pinto” in Lisbon and reach New York. Their registration in Lisbon had been as early as 08.06.1941. They were the last Jews of Gaukönigshofen that were able to escape. The passage had been paid for by their two sons, Ignatz and Justin. Justin also housed his parents for the first period after their arrival.

Unfortunately, the lucky days in their new home were short-numbered. On 04.05.1944 Julius Rothstein died of a heart attack in Manhattan. He is buried next to his wife Sophie in Beth David Cemetery in New York and remains in the memory of his family.

Quellen:

Braun, Joachim: Geschichte der jüdischen Gemeinde von Allersheim im Ochsenfurter Gau. In: Würzburger Diözesangeschichtsverein (Hg.): Würzburger Diözesangeschichtsblätter. 69. Band, Sonderdruck. Würzburg 2007.

Engert, Ludwig: Chronik der Marktgemeinde Allersheim. Würzburg 1993.*

Staatsarchiv Würzburg

Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden

Aufbau - Jüdisches Monatsmagazin

US-Amerikanische Einreise- und Zensusakten

United States Holocaust Memorial Museum: Holocaust Survivors and Victims Database

Biographische Datenbank Jüdisches Unterfranken

Gemeindearchiv Giebelstadt


 

*: Die von Ludwig Engert vorliegende Chronik gibt in Teilen antisemitische Erzählungen und Stereotype wieder. Ihr Quellenwert ist somit vorsichtig zu beurteilen und das Werk ist in jedem Fall quellenkritisch zu hinterfragen.