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Das Objekt des Monats

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DER ALTE SCHAMOTT

Der bekannte Ausdruck „der alte Schamott“ geht auf das hebräische Wort „schem“ (Sing.) beziehungsweise „schemoth“ (Pl.) zurück. Das Wort „schemoth“ bedeutet „die Namen“ und bezeichnet die Dinge, die im Judentum abgelegt werden sollen. Der Ort, an dem diese Dinge abgelegt werden, heißt wiederum „Genisa“.

Die Genisafunde aus Allersheim weisen jiddische und hebräische Drucktypen auf. (Foto: Fränkisches Freilandmuseum Bad Windsheim/Frank Wittstadt)

Die Fundsituation beim Abbau des Gebäudes. Erhalten sind nur Fragmente, der Rest ist wohl bereits beim Umbau der Synagoge im Jahr 1911 verloren gegangen. (Foto: Fränkisches Freilandmuseum Bad Windsheim/Dieter Gottschalk)

Die kleinen Papierreste sind unscheinbar, aber von großer Bedeutung: Es handelt sich um Überreste aus der Genisa der ehemaligen Synagoge aus Allersheim. Der Begriff Genisa (Pl. „Genisoth“) meint ein Depot zur Ablage von unbrauchbar gewordenen Objekten, die nach den jüdischen Religionsgesetzen nicht zerstört werden dürfen.

Zu diesen Objekten gehören zunächst Texte, die einen Gottesnamen enthalten. Dieser gilt als heilig (2. Mose 20,7). Das können aber auch in hebräischer oder jiddischer Sprache verfasste Texte wie Gebetbücher, Erzählungen, Briefe und vieles mehr sein. Das in einer Genisa gesammelte Material reicht daher oft über die religiösen Vorschriften hinaus. Genisoth sind damit wichtige kulturgeschichtliche Quellen für jüdisches Leben.

Aufgefunden hat man die originalen Fragmente beim Abbau des Gebäudes an einem Sparren über dem ehemaligen Gebetsraum. Das ist nicht ungewöhnlich, denn wie zahlreiche Funde aus dem süddeutschen Raum belegen, verstauten die ländlichen Gemeinden ihre Genisoth häufig im Dachgebälk ihrer Synagogen, oft verborgen unter den Bodenbrettern oder in den Gewölbezwickeln und Traufen. In Allersheim muss die Genisa in den Hohlräumen des ehemaligen Tonnengewölbes versteckt gewesen sein.

Die Fragmente entstammen einer Doppelseite mit Gesängen zum Schabbat, den »Semiross Schabboss«, die wiederum in der jüdischen Gebetsliteratur enthalten sind. Vermutlich wurde das betreffende Gebetbuch im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts in Sulzbach gedruckt. Eine genaue Bestimmung ist leider nicht möglich.

 

Weitere Sammlungsstücke aus der jüdischen Geschichte Frankens gibt es hier:

https://freilandmuseum.de/entdecken/neuigkeiten-und-blogs/einzeleintrag/schoen-ist-das-schweigen-waehrend-der-gebete

https://freilandmuseum.de/entdecken/neuigkeiten-und-blogs/einzeleintrag/gut-schabbes

 

Quellen:

Dr. Martina Edelmann

Elisabeth Singer-Brehm